Rezension

CocoRosie

Tales Of A GrassWidow


Highlights: After The Afterlife // Tears For Animals // End Of Time // Gravediggress // Roots Of My Hair
Genre: Detailverliebte Zaubermusik // Rap // Oper // Folk
Sounds Like: Antony And The Johnsons // Joanna Newsom // iamamiwhoami

VÖ: 24.05.2013

Soll man die Musik von CocoRosie beschreiben, kommt man erstmal ins Stocken. Eine Mischung aus Oper und Rap? Harfe gepaart mit naiven Kinderinstrumenten? Funkige Synthies, die von zartem Glockenspiel abgelöst werden? Wie soll das bitte klingen? Gut klingt das, sehr gut sogar, wie die beiden Casady-Schwestern Bianca und Sierra mit ihrem fünften Album mal wieder beweisen. "Tales Of A GrassWidow" ist ebenso detailverliebt, besonders, vielseitig und schräg wie die übrigen CocoRosie- Alben, schafft es dabei aber außerdem auch noch, überaus eingängig zu sein. 

"Tales Of A GrassWidow" ist ein Konzeptalbum, dessen Geschichte im Song "Gravediggress" zusammengefasst wird. Im Song führen ein Waisenkind und eine Totengräberin eine imaginäre Unterhaltung. Nach der traurigen Anfangsmelodie, die mit einem Harmonium gespielt wird, setzt ein knarrender Beat ein, zu dem Bianca mit flehenden Worten das Kind verkörpert, das die Totengräberin bittet: "Gravediggress dig me a hole I can bury // All of my love in, all of my holy". Sierra antwortet mit ihrer reinen, klaren Stimme als die Totengräberin und erzählt dem Kind dabei melancholische Geschichten.

Der Titel des Albums fasst die Lieder als Erzählungen des verstoßenen Kindes, das sein neues Zuhause in der Natur sucht, zusammen. Neben dem Thema Tod geht es auf dem Album nämlich auch um den Bezug zur Natur, zur "Mutter Erde". In "Tears For Animals", bei dem Antony Hegarty einen von zwei Gastauftritten auf dem Album hat, wird dieser ganz deutlich. Antony repräsentiert mit seiner Stimme die "Mutter Erde". In einem Interview erzählte Bianca Casady kürzlich, dass es in dem Song allem voran um die Liebe für die Menschheit gehe ("Love For Human Kind"). Der Mensch sollte sich als ein Teil der Tiere der Erde sehen und dementsprechend auch alle anderen Tiere achten.

Mit "Tales Of A GrassWidow" ist CocoRosie ein wunderschönes, fein und zerbrechlich anmutendes Werk gelungen, das große Themen der Menschheit behandelt. Gleichzeitig ist es beatlastiger, tanzfreudiger und poppiger als die übrigen CocoRosie-Alben geworden. Das führt dazu, dass das, was eigentlich schwere Kost sein könnte, durch Sierra und Bianca mit märchenhafter Leichtigkeit und glanzvoller Hoffnung vermittelt wird. Ein Konzeptalbum über den Tod als pure Lebensbejahung (vor und nach dem Tod) rüberzubringen, das können wohl nicht viele. CocoRosie aber schon.

Marlena Julia Dorniak

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