Rezension

Charlotte Gainsbourg

IRM


Highlights: Le Chat Du Café Des Artistes // Vanities // Trick Pony // La Collectionneuse
Genre: Electro Pop // Indie
Sounds Like: Beck // Nouvelle Vague // Serge Gainsbourg // Emilie Simon

VÖ: 11.12.2009

Mon dieu! Mon dieu! Da hat uns die gute Charlotte im letzten von-Trier-Machwerk aber ganz schön die Illusion von ihr als betörendem Männertraum genommen. Wie sie das bloß wiedergutmachen kann? Nun, ein erster Schritt wäre da zum Beispiel ein neues tolles Album, schließlich frönt Frau Gainsbourg neben der Schauspielerei seit drei Jahren auch wieder ausgiebiger ihrer Musikkarriere. Nicht zuletzt aufgrund namhafter Unterstützung (Air, Jarvis Cocker, Neil Hannon) wurde „5:55“ nämlich nach über einem Jahrzehnt musikalischer Abstinenz ein gelungener Befreiungsschlag aus dem großen Schatten ihres Vaters. Klar, dass Charlotte Gainsbourg da dieses Mal verhältnismäßig schnell nachlegen wollte und was sollte bei „IRM“ eigentlich schief gehen, wenn der Pate für das Album Beck Hansen heißt? Denn mal ehrlich, Scientology hin oder her, wenn einer in den letzten Jahren gezeigt hat, wie man sich immer wieder erfolgreich neu erfindet, dann dieser Prototyp eines Musiknerds.

Kein Wunder also, dass Tausendsassa Beck auch auf „IRM“ nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil. Er komponiert und produziert Charlotte Gainsbourg vielmehr ein Album auf den Leib, bei dem sich die Französin wahrscheinlich selbst noch eine Weile fragen wird, wie das so gut zu ihr passen konnte. Beck eröffnet ihr nämlich eine ganz neue musikalische Seite, indem er oftmals einfach seine unverwechselbar verspulten Beat- und Klanggebilde auf ihre Stimme zuschneidert und selbst ab und an im Backgroundgesang auftaucht. Gerade deshalb kommt häufiger auch mal der Eindruck auf, dass es sich bei „IRM“ schon fast um eine Fortsetzung von „Modern Guilt“ handelt, wenn auch um eine elektronischere Fortsetzung.

Beat- und effektlastig wie der Titelsong, „Trick Pony“ oder „Greenwich Mean Time“ präsentieren sich viele Songs und Charlotte Gainsbourg harmoniert überraschenderweise gut damit. Das war ja nicht unbedingt zu erwarten, wenn man sich noch die eher zurückhaltende Songstrukturen von „5:55“ ins Gedächtnis ruft. Genau dieser neue Schwung macht das Album aber letztendlich vielschichtiger und interessanter als seinen Vorgänger, dessen Stärken dennoch nicht einfach über Bord geworfen, sondern vielmehr noch weiter in den Vordergrund gerückt wurden.

Diese liegen im Gainsbourg-Gen. Wie der Vater hat es Charlotte einfach drauf, unglaublich groovende Nummern wie „Le Chat Du Café Des Artistes“ oder „La Collectionneuse“ mit einem Höchstmaß an Sex auszukleiden. Songs, die so heiß sind, dass man sich die Finger dran verbrennt. Zur Perfektion verhilft ihnen aber erst Becks Vater, der wie bei dem Album zuvor auch dieses mal die Streicherarrangements besorgt hat. Serge Gainsbourg klatscht dazu in seinem Grab in Montparnasse sicherlich Beifall und darf seine Tochter zu einem großartigen Album beglückwünschen, das sie nicht zuletzt durch eine perfekte Produzentenauswahl vollbracht hat. Wiedergutmachung geglückt, Charlotte!

Benjamin Köhler

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