Rezension

Brandt Brauer Frick

Joy


Highlights: Away From My Body // You Can Buy Me Love
Genre: Elektro // Pop // Wave
Sounds Like: Depeche Mode // Front 242 // Joy Division // Skinny Puppy // Anne Clark

VÖ: 28.10.2016

Wie Überraschungstüten präsentieren sich die drei Musiker Daniel Brandt, Jan Brauer und Paul Frick. Wer sie einmal live erlebt hat, ist erstaunt über die stilistische Vielfalt des Trios. Sie füllen Konzertsäle, in denen sie ihre Version eines Klassiktechno darstellen, nur um mitten im Set einen Ausflug in die Clubkultur zu wagen, die jene gediegenen Hallen in der Regel nicht zu hören bekommen. Die drei sind klassisch ausgebildete Instrumentalisten, die trotzdem modernem Elektro frönen – eine aberwitzige wie interessante Mischung. „Joy“ ist ihr mittlerweile viertes Album und ist eine ebensolche Wundertüte. Unklar zunächst, was einen erwartet – unklar wenig später, was dort eigentlich gerade passiert.

Von derzeitiger Mainstreamclubkultur sind Brandt Brauer Frick dabei mindestens genauso weit entfernt wie vom Konzertsaal. Zusammen mit dem Sänger und Poeten Beaver Sheppard liefern sie zehn freie Interpretationen aus der Musikgeschichte, deren Ecken und Kanten bekannt vorkommen und doch neu sind. Oftmals schwebt die Frage im Raum: Ist das gerade eigentlich ein Sample irgendeines bekannten Stückes? „You Can Buy Me Love“ poltert zunächst wirr im Raum herum, ehe es nach einer halben Minute klare Formen annimmt. Wave oder No-Wave? Zumindest schielen Joy Division, New Order und Depeche Mode um die Ecke ob des leicht melancholischen Sprechgesangs Sheppards und der verwendeten 1980er-Synthies. „City Chicken“ verschmilzt Barjazz-Einflüsse mit aufgesetzter Scott-Walker-Stimmlage. „Poor Music“ wiederum wildert im 2-Step, Dubstep und erzeugt angenehme Loungeatmosphäre.

Schon nach drei Stücken scheint es, als sei „Joy“ ein Destillat der Ideen und Stile, die Brandt Brauer Frick prinzipiell beherrschen, heruntergebrochen und irgendwie zusammengefügt als „Album“. Jederzeit machen sie klar, dass sie dieses drei- bis vierminütige Stück auch episch ausdehnen könnten. Dabei sind unter anderem Bezüge zu stakkatohaften EDM-Anfangstagen („Blackout 94“, „Oblivious“ und „Society Safed Me“), Folkpop („Keep Changing“), genannte Wavekulturen der 1980er („Holy Night“) und Elektropop Marke The Notwist („Facetime“). Zum Abschluss darf „Away From My Body“ noch den Rausschmeißer auf dem Dancefloor geben. „Tanz dich tot mit Depeche Mode“ hieß es in den 1980ern. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann tanzen sie heute zu „Joy“.

Klaus Porst

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"You Can Buy Me Love"

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