Rezension
Bowerbirds
The Clearing
Highlights: Tuck The Darkness In // In The Yard // Walk The Furrows // Overcome With Light // Now We Hurry On
Genre: Folk
Sounds Like: Bon Iver // Horse Feathers // Breathe Owl Breathe // Megafaun // Fleet Foxes // Lost In The Trees
VÖ: 09.03.2012
Es musste sich etwas ändern. „Upper Air“, das zweite Album der Bowerbirds, litt unter dem Druck, möglichst rasch während einer Tour um die halbe Welt ein gutes Zweitwerk auf den hochgelobten Erstling „Hymns For A Dark Horse“ folgen zu lassen. Zwar hat man das Album der Band um Phil Moore und Beth Tacular über die Jahre nach anfänglicher Enttäuschung schließlich doch ins Herz geschlossen, aber weitergehen konnte es so nicht.
Viel hat sich seitdem bei den beiden Musikern aus Raleigh getan. Inwiefern die neue musikalische Ausrichtung eine bewusste Entscheidung oder vielmehr eine Folge all der Dinge war, die sich im Leben von Phil Moore und Beth Tacular ereigneten, kann man nicht sagen. Bei einer Band wie den Bowerbirds, für die die Musik eine so zentrale Rolle des eigenen Lebens einnimmt, ist aber wohl ohnehin alles ineinander verzahnt und durcheinander bedingt, so dass solche Fragen überhaupt keinen Sinn machen. Viel hat sich jedenfalls ereignet, das mit dem Projekt „Bowerbirds“ selbst zunächst einmal nicht so viel zu tun hat. Beth Tacular litt unter einer unklaren lebensbedrohlichen Krankheit, wurde jedoch wieder gesund. Sie und Phil Moore beendeten ihre langjährige Beziehung, fanden letztlich aber doch wieder zueinander, weil alles andere einfach keinen Sinn für sie gemacht hätte. Einen Hund, der vom Tourvan angefahren wurde und dabei lebensgefährlich verletzt wurde, nahmen sie kurzerhand bei sich auf und sie zogen sich wieder in ihren alten Wohnwagen am Stadtrand Raleighs zurück, von wo aus die musikalische Neuorientierung der Bowerbirds begann.
So wenig all dies mit „The Clearing“, dem nun erschienenen dritten Bowerbirds-Album unmittelbar zu tun haben mag, umso wichtiger sind diese Hintergründe für das Verständnis dieses Albums, das nach Neuanfang und Hoffnung klingt, aber auch immer die Besinnung auf das Wesentliche in sich trägt und die Vergangenheit nicht zu verdrängen versucht. Was sich auf „The Clearing“ im Vergleich zu den Vorgängeralben geändert hat, zeigt sich schon im fantastischen Opener „Tuck The Darkness In“, der alle Eigenschaften hat, die auch das gesamte Album zu einem so großartigen Stück Musik machen. Der verhaltene Beginn des Songs gibt Phil Moores markanter, aber stets einfühlsamer Stimme Raum, sich zu entfalten, bevor nach und nach Xylophon, Klavier und Schlagzeug hinzukommen, Beth Tacular mit einstimmt und sich schließlich alles zu einem großen Finale aufschwingt, das man von einer sonst eher zurückhaltend vorgehenden Band wie den Bowerbirds nicht kennt, das ihnen aber erstaunlich gut steht.
Nach diesem ersten Song kann eigentlich kommen, was will – die Begeisterung, die er in einem auslöst, könnte einen mit Leichtigkeit über die Spiellänge des gesamten Albums hinweg tragen. Doch auch alle weiteren Songs von „The Clearing“ leben von dieser Haltung, einen Schritt weiter zu gehen und bewusst Neues zu wagen, ohne seine Wurzeln zu ignorieren. In „Walk The Furrows“ und „Sweet Moment“ begegnet man beispielsweise wieder dem Klang der hart gezupften Nylonsaiten, den man auf den ersten Alben lieben gelernt hat, „Death Wish“ hat ähnliche rhythmische Spielereien zu bieten, wie man sie aus den Zeiten kennt, als neben Violine und Gitarre nur eine große Basstrommel zum Inventar der Band gehörte. Aber dann gibt es auf „The Clearing“ eben auch unglaublich viel Neues zu entdecken: „This Year“ mit seinem vollen Bandsound samt E-Gitarre ist eine dieser Überraschungen, mit denen die Bowerbirds aufwarten. „Hush“ ist wohl der experimentellste Song, den die Band bisher geschrieben hat, „Brave World“ schöpft die vielen Möglichkeiten des Sterichereinsatzes voll aus und „Now We Hurry On“ klingt zuletzt sogar mit elektronischem Gezirpe aus, während Phil Moores Worte nachwirken: „We thought we had forever / but now we hurry on“. Doch zum Glück gibt es Bands wie die Bowerbirds, deren Musik zum Innehalten zwingt. Danke für diesen neuen Lebensbegleiter namens „The Clearing“!
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