Rezension

Bowerbirds

Hymns For A Dark Horse


Highlights: In Our Talons // Dark Horse // Bur Oak
Genre: Folk
Sounds Like: Ticonderoga // Bon Iver // Phosphorescent // Horse Feathers // Samamidon

VÖ: 11.07.2008

Schon längst hat das allseits verbreitete Umweltbewusstsein auf die Musikwelt übergegriffen, man denke nur an das „Live Earth“ - Spektakel im Juli letzten Jahres. Während rund um die Welt fleißig Konzerte für ein besseres Klima gegeben wurden, saßen Phil Moore und Beth Tacular von den Bowerbirds vermutlich in ihrem Wohnwagen am Stadtrand von Raleigh in North Carolina und fieberten dem unmittelbar bevorstehenden ersten Release ihres Debütalbums „Hymns For A Dark Horse“ entgegen - eines Albums, das sich ebenfalls mit der desaströsen Entwicklung der menschlichen Zivilisation auseinandersetzt, sich dabei aber nicht auf eine platte Energiespar-Message beschränkt.

Die Bowerbirds scheinen sich bereits damit abgefunden zu haben, dass es mit unserer Welt bergab geht. Dies ist jedoch kein Grund, in Trauer zu versinken, denn noch gibt es so viel Leben und Schönheit da draußen, vom kleinsten Käfer bis zum dunkelsten Gewitter, und selbst eine Schnecke erteilt den Menschen auf diesem Album mehrfach Ratschläge. Die stets auf der Kippe stehende Stimmung zwischen Resignation und Hoffnung macht „Hymns For A Dark Horse“ so unglaublich spannend, dass einen die Songs stets verwirrt zurücklassen. Eine bedrückende Atmosphäre strahlen sie aus, um einen dann mit einem Refrain zu überraschen, dessen Schönheit sich kaum fassen lässt. „Bur Oak“ ist einer dieser Songs, der nach über zwei Minuten eine solch wunderbare Melodie auspackt, mit der man schon gar nicht mehr gerechnet hatte. Man hat das Bedürfnis, das eben Gehörte zu verarbeiten, doch da zieht einen schon der nächste Song in seinen Bann.

Erstaunlicherweise gelingt es, die große Vielfalt der Songs durch das schlichteste Instrumentarium zu vermitteln. Gitarre, Akkordeon, Violine und als Schlagzeug eine große Trommel – viel mehr brauchen die Bowerbirds nicht, um ihre ganz eigene musikalische Sprache zu schaffen. Hinzu kommt natürlich Phil Moores Gesang: Virtuos und doch nie aufdringlich sorgt er unter anderem dafür, dass sich „Hymns For A Dark Horse“ so lebendig anfühlt. Beth Tacular, die zunächst an ihren stimmlichen Fähigkeiten zweifelte, ergänzt ihn hervorragend. Als Dritter im Bunde sei außerdem Mark Paulson genannt, der ebenfalls hin und wieder einen Gesangspart beisteuert und sich außerdem für die Produktion und die außergewöhnliche Violinbegleitung verantwortlich zeigt.

Spannend bleibt „Hymns For A Dark Horse“ auch deshalb, weil es sich trotz der großen Themen, die es vor allem in den ersten Songs verarbeitet, auch mit persönlichen Problemen auseinandersetzt. So stimmt einen „My Oldest Memory“ mit seinen metaphorischen Versen nachdenklich: “Out where the waves wrestle with the dirty brine, this is a lonely place, this was a home of mine.” Seltsam schön ist wohl eine recht treffende Beschreibung dieser Musik, die tief sitzende traditionelle Wurzeln hat, aber doch so zeitlos klingt. Die Begeisterung des Mountain-Goats-Sängers John Darnielle kann ich daher durchaus nachvollziehen, auch wenn er vielleicht doch ein bisschen zu weit geht mit seinen Lobesbekundigungen: "Only once every ten years or so does one hear a new band this good, this bursting with ideas, this audibly in love with music... It is beyond stunning. This band is the complete package.”

Kilian Braungart

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