Rezension

Baroness

Blue Record


Highlights: Jake Leg // A Horse Called Golgotha // O'er Hell And Hide // The Gnashing
Genre: Postmetal // Sludge
Sounds Like: Mastodon // Torche // Isis

VÖ: 16.10.2009

321 Sekunden. Beziehungsweise: 5:21 Minuten. So lange braucht man, um sich „A Horse Called Golgotha“ anzuhören und anschließend zu der Frage zu gelangen: Warum – zum Teufel – interessiert sich unter all den Freunden intelligenter harter Musik, unter den Isis-Jüngern, Torche-Anhängern und Mastodon-Anbetern eigentlich kaum jemand für Baroness?

War das 2007 erschienene rote Album für jene Klientel schon der Geheimtipp des Jahres, fügt der unscheinbar in der Mitte der „Blue Record“ positionierte Gigant von einem Song alle Markenzeichen des Vierers von der amerikanischen Ostküste: Ein Gitarrenspiel, mal mit Riffs gespickt, die Metallica zum Schämen in den Keller schicken würden, mal simpel, aber dafür dunkel-druckvoll, prügelt sich mit Drums wie einer Elefanten-Stampede und John Baizleys Gröhlvocals um die Vorherrschaft – und das sind nur die ersten vier Minuten, bevor sich „A Horse Called Golgotha“ in einem Schlussteil entlädt, der rein vom Epos-Faktor her durchaus hätte untermalen können, wie Frodo an den Schicksalsklüften mit Gollum kämpft.

Das wirklich Erschreckende jedoch ist, dass eigentlich kaum ein Stück auf der „Blue Record“ qualitativ wirklich nennenswert im Vergleich zu erwähnter Bombe abfällt. Sei es „The Gnashing“, das nach knapp anderthalbminütiger Ruhe vor dem Sturm den perfekten Soundtrack für die Verfolgungsjagd mit Satan höchstpersönlich startet oder „Jake Leg“, das dir die Riffs wie Brandbomben vor die Füße knallt – im Großen und Ganzen ist die „Blue Record“ eine einzige 45minütige Tracht Prügel für 90% aller Bands, in deren Genrebezeichnungen sich die Wörter „Post“ oder „Metal“ verstecken.

Dass diese Abreibung von den gesitteteren „Bullhead's Psalm“ und „Bullhead's Lament“ umschlossen wird, ist da nicht weiter erstaunlich – zeigt doch auch das fast beinahe akustische (!), mit wirklichem Gesang versehene (!!) „Steal That Sleeps The Eye“, welches mit „Swollen And Halo“ nahtlos in den nächsten Kracher übergeht, dass die meisten Hiebe eben dann am wirksamsten aufprallen, wenn man sich zuvor kurz mal verschnaufen kann. Wer Zeuge dieser Herrschaftserklärung in diesem Genre werden will, der sollte Baroness also nicht weiter ignorieren – und nicht noch auf gelbe, grüne oder braune Alben warten.

Jan Martens

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