Rezension

Astronautalis

Pomegranate


Highlights: 17 Summers // Secrets Of The Undersea Bell // An Episode Of Sparrows // The Trouble Hunters // Avalanche Patrol
Genre: Hip Hop // Folk // Indie
Sounds Like: The Paper Chase // Why? // Tom Waits // Beck

VÖ: 13.03.2009

Astronautalis ist Andy Bothwell, und obwohl er schon zwei Alben veröffentlicht hat, ist „Pomegranate“ der erste Schritt aus dem Underground heraus, nicht zuletzt auch aufgrund des Labelwechsels zu Eyeball Records, die bekannt dafür sind, immer mal wieder die ein oder andere Perle aus dem großen Sumpf herauszufischen. Und man darf mit Sicherheit jetzt schon zu diesem Fang gratulieren, denn „Pomegranate“ ist ein Album, das es tatsächlich schafft, Hip Hop und Indie auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und somit Fans beider Lager das jeweils andere Genre schmackhafter zu machen. Interkulturelle Arbeit geht eben auch auf musikalischer Ebene.

Kaum jemand eignet sich aber auch besser für diese Aufgabe als Andy Bothwell, dessen Talent schier unbegrenzt zu sein scheint. Äußerlich ganz der perfekte Schwiegersohn, ist er ein wahrer Poet und von der Gabe beseelt, genau zu wissen, wann man welche Stile miteinander vermischen kann und darf. Der zweite Mann, der hier maßgeblich für ein unglaublich abwechslungsreiches Album verantwortlich ist, heißt John Congleton und ist hauptberuflich Sänger von The Paper Chase, aber auch Produzent zahlreicher namhafter Bands wie unter anderem Explosions In The Sky und Modest Mouse und außerdem noch Beatbastler von Timbaland.

Die morbide und verstörende Atmosphäre von The Paper Chase lässt sich auch auf „Pomegranate“ häufig wiederfinden. Gerade in „The Wondersmith And His Sons“ und in „Secrets Of The Undersea Bell“ ergänzen sich düstere Pianoklänge, flirrende Streicher und knochentrockene Beats prächtigst mit Bothwells mal bissig hartem, mal abgehangen bluesigem Flow. Astronautalis ist dennoch darauf bedacht, so viele Facetten wie möglich in's Spiel zu bringen. In dem wunderschönen Duett mit Sarah Jaffe („17 Summers“) geht es dementsprechend auch mal ganz ruhig zu, wenn nur eine weit entfernte Trompete und ein paar Klaviernoten die Beiden begleiten. Auch machen Stücke wie „My Old Man´s Badge“ oder „Avalanche Patrol“ klar, warum man Bothwell durchaus als Tom Waits des Hip Hop bezeichnen kann. Auf der anderen Seite findet man dann aber ebenfalls einen Song wie „Two Years Before The Mast“, der volles Uptempo geht und durchaus clubtauglich ist oder einen schönen Verweis an Modest Mouse („The Trouble Hunters“).

Bei all der Hinwendung zu anderen Genres wie Singer/Songwriter, Folk, Pop, Indie oder Rock, vergisst Astronautalis dennoch nicht seine Wurzeln, und daher finden sich genauso auch ganz straighte Hip-Hop-Nummern („Mr. Blessington´s Imperialist Plot,“, „The Story Of My Life“) auf dem Album, bei denen sich viele gegenwärtige Zeitgenossen eine Scheibe von abschneiden könnten. Wer dann noch den Humor besitzt, mit „The Most Important Track On The Album“ einfach mal knapp drei Minuten keinen Ton von sich hören zu lassen, der hat eigentlich auf ganzer Linie gewonnen. Ein Album mit riesiger Halbwertszeit, das mit jedem Durchlauf mehr Spaß macht und auf dem es unglaublich viel zu entdecken gibt. Selten war über-den-Tellerrand-blicken einfacher als hier.

Benjamin Köhler

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