Rezension

Art Brut
Art Brut Vs. Satan
Highlights: DC Comics and Chocolate Milkshakes // The Passenger // Summer Job // Demons Out!
Genre: Indie
Sounds Like: Eddie Argos von der Kanzel
VÖ: 17.04.2009

Art Brut vs. Satan. Klingt ein bisschen wie eine Mischung aus Celebrity Death Match und Faust. Vielleicht haben Eddie Argos und seine Band wirklich ihre Seele an den Höllenfürst verkauft, um nach dem doch etwas enttäuschenden "It's A Bit Complicated" wieder ein Album aufzunehmen, dass ähnlich Spaß macht wie das Debüt "Bang Bang Rock and Roll". Mit welchen Mächten auch immer, es ist der britsch-deutschen Kombo irgendwie gelungen.
Die Erwartungshaltung war natürlich recht niedrig angesetzt. Zu saft- und kraftlos klang der Vorgänger. Selbst bei einer Band, die nur oder zumindest vor allem durch ihre Lyrics lebt. Und auch die waren nur bedingt interessant. Fast symptomatisch wirkt da der Opener "Alcoholics Unanimous". Da entschuldigt sich Argos bei allen, die er enttäuscht hat, erklärt, er habe Probleme Sätze zu formen. Und er schreit nach Tee und Kaffee. Was Koffein doch alles bewirken kann. Der Kater ist weg.
Richtig charmant ist der zweite Titel "DC Comics and Chocolate Milkshake". Da jubiliert das Kind im Manne. Eltern und Schulfreunde mit Schreibtischjob schauen skeptisch, weil man sich mit allerhand lustigen Nebenjobs sein Geld verdient, das am Wochenende bei Konzerten oder beim Fußball verprasst wird. Weil auf dem Nachtisch Batman statt Tolstoj liegt. Weil man sich im Café Mokkachino statt Espresso bestellt. Wenns Spaß und glücklich macht, wen kümmerts? Irgendwo ist halt der Mensch, der einen so liebt, wie man ist. Und wenn es, wie hier im Song, das Mädel im Comic Shop ist, dann passt das doch wunderbar.
Völlig konträr zu Adam Kays Hassgesang "The London Underground" (findet ihr bei youtube) ist "The Passenger" - ein Loblied auf den öffentlichen Personennahverkehr. Ein Buch mitnehmen für die lange Fahrt? Unnötig, es gibt ja genug zu sehen, gerade vom Fenster oben hinten links. Und wenn die Müdigkeit droht? Einfach den Handywecker anstellen. Und außerdem ist da ja noch dieser Nervenkitzel zu spät zu kommen, schließlich fahren Busse und Bahnen ja nicht so schnell wie der kleine Cityflitzer.
Und weiter gehen die Art Brutschen Geschichten. Über den flirtunfähigen Jungen, der seinem Schwarm hinterher rennt und sich dann doch hinter dem nächsten Baum versteckt. Über eine gemeinsame Nacht. Und dann gehts natürlich auch um Musik. Um die scheinbar grauenvollen Songs in den Charts in "Demons Out!". Um die Frage, warum jeder wie U2 klingen will in "Slap Dash For No Cash". Um das Entdecken einer großartigen Band mit langer Diskografie und den Zweifeln, ob man sich wirklich voll und ganz darauf einlassen sollte, wenn man doch im Nachhinein von so mancher Band enttäuscht wurde in "The Replacements".
Ja, diese Platte macht wirklich wieder mehr Spaß, auch wenn sie nicht an "Bang Bang Rock and Roll" herankommt. Sie ist aber ein nettes Gegenstück zum Chartsbrei, die Texte sind zuhörenswert. Dazu schrammelt die Band enthusiastischer als auf "A Little Bit Complicated". Es gibt nette, kleine Backgroundchöre und dazu natürlich den unvergleichlichen Eddie Argos, der seine Weisheiten und Eindrücke vom Leben unters Volk bringen möchte wie andere sie von der Kanzel predigen. Und die gehen ja ebenso gegen Satan an. Auch wenn Art Brut diesen Dämon in all den Leuten sehen, die merkwürdige Musik hören und kaufen, die die Band nicht mag. Ob irgendjemand eigentlich auch Eddie Argos für Luzifer hält?
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