Rezension
All Diese Gewalt
Welt In Klammern
Highlights: (Ohne Titel) // Geister // Stimmen
Genre: Post-Punk // Wave-Pop // Elektro-Drone
Sounds Like: Die Nerven // Jean Michel Jarre // Messer
VÖ: 23.09.2016
Düster, schwerfällig und erdrückend hält All Diese Gewalt dich gefangen. Dich und die ganze Welt, mit ihren Fängen, die dich umklammern. Zeitweise glaubst du, dass du keine Luft mehr bekommst, unter dieser Schwere, unter all diesem Negativen. Auch wenn du glaubst, ein Vogelzwitschern vernommen zu haben, reicht dies noch nicht, um die Sorgenfalten wieder ein wenig zu lösen. Beinahe unsichtbar verstecken sich Hoffnung und Lichtschimmer in diesem düsteren Gewirr aus Klangcollagen. Wenn Max Rieger in „Morgen Alles Neu“ singt „Morgen alles anders // Morgen alles neu“, dann kannst du da einen Hauch von Zukunftsträumen spüren, wenn in „Jeder Traum Eine Falle“ die beinahe fröhliche Melodie erklingt und dich beschwingt mitnimmt, um dir doch am Ende klar zu machen, dass die Realität anders aussieht. So wird jedes kleinste Glimmen wieder langsam, aber bedächtig nieder gedrückt. „Vergiss nicht zu atmen“ ist da ein sinnvoller Hinweis („Morgen Alles Neu“).
„(Ohne Titel)“ ist da eine willkommene Abwechslung. Elektronische Schichten legen sich übereinander, verschachteln sich zu einem dancefloortauglichen Song, der im Vergleich zu den anderen Tracks des Albums flirrend leicht wirkt. Ein kurzes Aufatmen, mit einem Song, der so sehr nicht dazu gehört und dennoch dabei ist, dass er noch nicht einmal einen Namen verdient hat. Der, der diese bedrückende Stimmung verbreitet, ist Max Rieger, ein Drittel von Die Nerven, und Alleinherrscher bei All Diese Gewalt.
Textlich zeigt sich Rieger wieder mal melancholisch, schemenhaft und düster. „Es geht um das Wegfliegen und Loslassenkönnen, um Angst vor der Leichtigkeit und vor dem Verlust, aber auch um das Vertrauen in die heilenden Kräfte der Ambivalenz“, verrät der Pressetext. Wobei die Texte hier mit gelassener, lethargischer Stimme vorgetragen, mehr erzählt als gesungen werden. Die Energie, die sonst in Riegers schon mal in Geschrei ausartendem Gesang steckt, fehlt an dieser Stelle. Im Wabern der Songs scheint Rieger benebelt, als hätten ihn all diese Gewalt und all diese negativen Gedanken in den Bann gezogen, ihn erstarren lassen.
Und wenn du denkst, es kommt nichts mehr, kommen „Geister“ als letzter Track hinterher gehuscht. Die heulen verzerrt ihr Klagelied und klingen dabei wie ein trauernder Marsimoto. Bei so viel Trägheit und düsteren, verzerrten Gitarrenklängen macht das Anhören von „Welt In Klammern“ dich selbst ganz träge. All Diese Gewalt zieht dich runter, verlangsamt deine Bewegungen und vernebelt dein Denken. Ob du das für gut empfindest, oder dem lieber entkommen möchtest, das musst du für dich selbst entscheiden.
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