Rezension
Agnes Obel
Myopia
Highlights: Broken Sleep // Island Of Doom // Won't You Call Me
Genre: Singer/Songwriter // Neo-Klassik // Pop
Sounds Like: Soap & Skin // Sophie Hunger // Björk
VÖ: 21.02.2020
Agnes Obels viertes Album erscheint in Europa bei der Deutschen Grammophon und in den USA über Blue Note – zwei der namhaftesten Labels der Welt. Ihre anstehende Europa-Tour ist nahezu restlos ausverkauft und das trotz recht großer Locations. Man könnte also behaupten, die in Berlin lebende Dänin hat es geschafft und sich einen großen Namen gemacht. An Obels Herangehensweise Alben aufzunehmen hat der gestiegene Bekanntheitsgrad allerdings nichts geändert. Die Künstlerin zieht sich immer noch in eine komplette kreative Isolation zurück, um das Songwriting, die Aufnahmen und das abschließende Mixing selbst zu übernehmen. Für Agnes Obel ist die Produktion unweigerlich mit den Lyrics und dem zugrunde liegenden Kontext verbunden.
Und dieser hat es auf „Myopia“ in sich: Es geht um Vertrauen und Zweifel, ganz besonders aber auch um den schleichenden Übergang zwischen dem Schlaf und dem Tod. Es sind schließlich nur ein paar Herzschläge, welche die Nachtruhe von der letzten Ruhe trennen. Ein düsteres, ja fast schon morbides Thema, welches Agnes Obel musikalisch auch noch mit einer unglaublich dichten Atmosphäre unterstreicht.
Die Stücke sind gewohnt reduziert gehalten: Es dominieren sanft angeschlagene Pianoklänge. Gelegentlich holt sich Obel die Unterstützung von Violine (John Corben) und Cello (Kristina Koropecki, Charlotte Danhier) mit dazu. Die Produktion ist dabei sowas von glasklar. Es ist, als ob Eiswasser durch die Ohren fließt. Hinzu kommt, dass Agnes Obel ihre Stimmexperimente, die bereits auf dem Vorgänger unter anderem bei „Familiar“ zu hören waren, auf „Myopia“ noch einmal intensiviert und ausweitet. Es werden die Tonhöhen gepitcht und manipuliert, so dass ein außergewöhnlicher und befremdlicher Gegensatz zu der ruhigen Grundstimmung entsteht. Im besten Fall entstehen dann Gänsehaut-Songs wie „Broken Sleep“ oder „Island Of Doom“.
Man wünscht sich dennoch, Agnes Obel wäre ein klein wenig sparsamer mit den Stimmeffekten umgegangen. Dann wären entwaffnende Stücke wie der wunderbare Abschlusstrack „Won't You Call Me“ eventuell häufiger auf dem Album zu hören gewesen. Bisweilen stört die stimmliche Verfremdung nämlich ein wenig und im Mittelteil geht „Myopia“ mit drei Instrumentals und dem nicht so wirklich überzeugenden Titelsong so ein klein wenig die Luft aus. Dass Agnes Obel trotzdem eine Ausnahme-Songwriterin bleibt, die mit ihrer Musik einzigartige Soundlandschaften erzeugt, ist natürlich selbstredend.
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