Rezension
A Winged Victory For The Sullen
The Undivided Five
Highlights: Our Lord Debussy // The Haunted Victorian Pencil // Aqualung, Motherfucker
Genre: Neo-Klassik // Ambient // Drone
Sounds Like: Ólafur Arnalds // Eluvium // Jóhann Jóhannsson // Ludovico Einaudi
VÖ: 01.11.2019
Nach Arbeiten für die Bühne ("Atomos") beziehungsweise Filmindustrie (die Scores zu "Iris" und "God's Own Country") sind A Winged Victory For The Sullen mit ihrem zweiten "richtigen" Album zurück. Ganz schön lange hat es gedauert bis Dustin O'Halloran und Adam Wiltzie den Nachfolger zum gleichnamigen, 2011 erschienenen, Debüt präsentieren. Das Warten hat sich natürlich dennoch gelohnt. Zwar veröffentlicht das Duo nun über Ninja Tune und nicht mehr bei Erased Tapes, musikalisch hat sich aber zum Glück wenig verändert. AWVFTS sind immer noch Meister darin, zum Sterben schöne Melodien in einem vollkommen entschleunigten Kontext zu komponieren.
Nach zehn Minuten ist eigentlich schon klar, dass man hier ohne Gänsehaut und den ein oder anderen Kloß im Hals abermals nicht rauskommt. So lange dauert "Our Lord Debussy". Ein wunderschönes Stück, indem O'Hallorans sachte Pianoklänge zerbrechlich wie Glas wirken, während im Hintergrund die Streicher mäandern und Wiltzie droneartige Effekte über die Gitarre huschen lässt. Wenn sich dann am Ende die Streicher noch mal erheben, hat man jeglichen Widerstand schon längst aufgegeben. Wen diese Musik nicht ansatzweise berührt, hat ein schwerwiegendes Problem.
Selbstverständlich bedarf auch "The Undivided Five" ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Ruhe. Wie die anderen Veröffentlichungen von AWVFTS ist auch dieses Album ein leises, unglaublich behutsames Werk geworden. Wer sich nicht darauf einlässt, wird daher kläglich scheitern. Den Rest belohnen O'Halloran und Wiltzie einmal mehr mit einem außergewöhnlichen Klangerlebnis.
Damit das Ganze dann aber auch nicht zu Ernst rüberkommt, hat sich das Duo sogar eine Reihe absurder Songtitel ausgedacht. Vor allen Dingen "Aqualung, Motherfucker" überzeugt dabei durch seine recht bedrohlich anmutende Atmosphäre, aber auch "Keep It Dark, Deutschland" setzt als Schlusstrack noch einmal ein dickes Ausrufezeichen. Letzterer Titel soll dann bitte auch ausdrücklich nicht politisch verstanden werden, sondern bezieht sich vielmehr auf die zwar kreative, aber auch bedrückende Zeit in O'Hallorans heruntergekommener Wohnung in Berlin-Friedrichshain.
Wenn man "The Undivided Five" etws vorwerfen möchte, dann dass vielleicht ein Ticken mehr kompositorische Vielfalt (wie auf dem Debüt) interessant gewesen wäre. Und dass "The Haunted Victorian Pencil" mit einer der schönsten Pianomelodien seit Jahren viiiiiiel zu kurz geraten ist. Ansonsten liefern AWVFTS ein weiteres Referenzwerk für zeitgenössische Neo-Klassik und Ambient-Musik.
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