Interview

Shout Out Louds


Da es im Backstagebereich der Clubbühne des Erlangener E-Werks etwas eng zugeht, verdrücken sich der Shout Out Louds-Sänger Adam Olenius und meine Wenigkeit in die Kellerbühne, wo die Shout Out Louds eigentlich spielen sollten. Eine Jazz-Band beginnt gerade ihre Instrumente aufzubauen. Ist Adam eigentlich ein Frauenschwarm? Er sollte es zumindest sein.

Wusstest du, dass ihr normalerweise hier spielen solltet?

Adam: Nein.

Es wurde wegen der großen Nachfrage auf die Clubbühne verlegt. Es wäre sehr interessant gewesen die Atmosphäre hier zu erleben.

Adam: Ja, du hast Recht. Hier ist es sehr schön, aber ich will mich nicht beschweren.

Ich habe die Biographie auf eurer Homepage gelesen und es liest sich so als käme der Erfolg auf sehr natürliche Weise zu euch. Wieviel Ironie steckt denn in diesem Text?

Adam: Wir haben das selbst geschrieben. Unser Label hat bestimmt einen anderen Blick auf die Dinge. Bebban und ich waren einfach gelangweilt von den Biographien im Internet und schrieben deswegen diese Geschichte. Ich meine alles ist wahr, aber es ist mehr eine Geschichte als eine richtige Biographie.

War es denn anfangs hart für euch? Wie seid ihr zum Beispiel an die Gigs in New York herangekommen?

Adam: Zu dieser Zeit tourten wir in Schweden und unser Debutalbum kam gerade auf den Markt. Dann haben Leute aus New York, Bookingagenturen oder Plattenfirmen, unsere Musik gehört, vermutlich über's Internet. Das hat ihnen wohl gefallen und wir wurden eingeladen dort einige Shows zu spielen. Trotzdem war es nicht einfach, weil die Tickets ziemlich teuer sind. Aber man kann schon sagen, dass sich jeder Schritt ziemlich natürlich angefühlt hat. Ich meine wir arbeiten richtig hart und touren sehr viel. Es sieht leicht aus, aber es steckt sehr viel Arbeit dahinter. Trotzdem ist es genauso wie wir es immer wollten und das fühlt sich richtig gut an. Ich sag mal so: Ich kann nachts sehr gut schlafen. (schmunzelt)

Danach bekamt ihr dann den Plattenvertrag bei dem Major Label Capitol Records und durftet bei Jay Leno und David Letterman auftreten.

Adam: Das war schon etwas seltsam. Eine kleine Band aus Schweden kommt in die Staaten und spielt bei diesen beiden TV-Shows. Wir dachten zuerst sie werden uns auslachen oder so. Ähnlich war es mit dem Plattenvertrag bei dem Major. In Schweden sind wir ja nur auf einem sehr kleinen Label (Bud Fox Recordings, Anm. der Red.). Filip, dem das Label gehört, war mehr unser Manager als ein Labelchef. Deswegen war es etwas seltsam dem Label jetzt Dinge zu überlassen, die wir eigentlich selbst machen wollten. Auch weil wir als Band immer genau wissen wollen was los ist. Es war etwas schwierig ihnen zu Vertrauen, aber bis jetzt läuft alles ziemlich gut.

Ihr habt auf dem internationalen Release des Albums einige Songs geändert. War das eure Entscheidung oder die des Labels?

Adam: Das wollten wir selbst. Wir hatten die "Oh Sweetheart"-EP aufgenommen, und wir arbeiteten zu dieser Zeit mit einem neuen Produzenten und waren wirklich glücklich über die neuen Songs. Als wir dann die Möglichkeit bekamen die Platte international zu veröffentlichen, wollten wir einfach unseren aktuellen Sound darauf haben, sowohl für uns als auch für die Fans, die sich die Platte kaufen könnten.

Gefällt euch denn das touren noch? Ich habe gelesen, dass ihr alleine in Deutschland 12 oder 13 Shows habt. Dann noch Australien, Schweden, Frankreich, USA und eine ganze Menge mehr.

Adam: Momentan nimmt mich das schon sehr mit. Wir sind soviel getourt. Das ganze Herumreisen, nie in seinem eigenen Bett schlafen. Das ist schon hart. Auch weil wir keine richtig große Band sind und immer alles selbst machen müssen, aufbauen, unser Zeug tragen... Aber dann, wenn wir auf der Bühne sind, und es ist tolles Wetter, und wir sind an tollen Orten, dann ist es die beste Sache auf der Welt. Aber ich denke wir brauchen mal wieder eine Auszeit, müssen neue Songs schreiben und wieder etwas zu unseren Wurzeln zurückgehen, damit wir uns nicht mehr wie Landstreicher fühlen.

Wann wart ihr denn das letzte Mal zuhause?

Adam: Wir waren im Januar und im März in Schweden, aber das ist noch zu kurz, um wieder richtig Kraft zu sammeln.

Schaut ihr manchmal auf eure MySpace-Seite?

Adam: Wir haben vor Kurzem angefangen das zu tun. MySpace ist wirklich ein Phänomen.

Auf eurer Seite wurde diese Woche ein Bild gepostet. Man sieht ein Mädchen mit einem herzförmigen Luftballon über eine Wiese springen. Hinter dem Mädchen ist ein Bulle abgebildet, der sie gerade angreifen will. Das Mädchen sieht ihn aber nicht und ist einfach nur glücklich. Und als Kommentar steht dabei: "Your music makes me sooo happy". Denkst du das ist auf irgendeine Art und Weise eine Metapher für eure Musik?

Adam: (denkt nach) Hm. Jede Art von Gefühlen, die wir in den Zuhörern wecken, ist großartig. Um ehrlich zu sein, schreibe ich meine Lieder nur für mich selbst. Dann arbeiten wir daran und wenn wir live spielen, geben wir sie weg, so dass sie nicht mehr unsere eigenen sind. Aber es ist großartig dieses Feedback zu hören, dass die Leute durch unsere Lieder glücklich werden. Speziell wenn sie ihre eigenen Gefühle zu den Songs kreieren, ist das toll. Es ist schon so, dass man als Zuhörer nicht die gleichen Gefühle haben kann, wie derjenige, der die Songs schreibt. Als ich jünger war, hab ich auch viele Lieder gehört, bei denen ich dachte sie seien für mich geschrieben. Und das war großartig. Und ich möchte, dass sich unsere Fans genauso fühlen.

Wie schreibt ihr denn eure Songs? Texte oder Musik zuerst?

Adam: Das wechselt ständig. Es hängt auch von den Songs ab. Es ist so, dass ich meistens mit einer grundlegenden Idee komme und dann bringt jeder seine Einflüsse ein. Manche Songs schreiben wir auch gleich zusammen, um dieses kollektive Gefühl einer Band einzubringen.

Was ich vorhin mit dem Bild sagen wollte. Mir kommt es manchmal so vor als würde ein melancholischer Unterton in einem Song dazu führen, dass er dem Hörer ein gutes Gefühl vermittelt. Du weißt schon: Der Stier und das Mädchen, aber ich erspare dir jetzt die Interpretation. Über die Shout Out Louds sagt jeder: "Ah toll, Sommermusik. Das gefällt mir." Aber ihr habt diesen melancholischen Unterton.

Adam: Ich denke es ist die Energie in den Songs, die diese Gefühle kreiert. Die meisten unserer Lieder sind auf eine bestimmte Art und Weise traurig. Vielleicht kommen so bestimmte Erinnerungen hoch, die man bei durch und durch fröhlichen Songs nicht hat. Aber es ist sehr interessant. Ich mag den Kontrast... (Klavierspieler beginnt seinen Soundcheck) Sollen wir den Raum wechseln? Ich hole nur noch schnell eine Tasse Kaffee.

Adam kehrt mit etwas zu essen und einer Tasse Kaffee zurück

Bist du abhängig?

Adam: (lacht) Definitiv.

Spielt ihr heute schon neue Songs?

Adam: Neue? Also neu, neu, neu?

Ja.

Adam: Wir werden wohl ein, zwei neue Songs spielen. Ich weiß zwar nicht, ob die irgendwann mal auf einem Album landen werden, aber sie sind neu.

Werdet ihr dann auch nächstes Jahr ein neues, neues, neues Album herausbringen?

Adam: Ja, wenn ich's mir heraussuchen kann, wird das wohl so im Februar erscheinen.

Und dann geht's schon wieder auf Tour.

Adam: Das ist das, was wir machen. Manchmal muss man das einfach akzeptieren. (lacht)

Ok, Themenwechsel. Magst du Morrissey? Heute erscheint das neue Album.

Adam: Ja, er war letzte Woche in Schweden. Ich hab ihn am Sonntag gesehen. Kommt er denn auch nach Deutschland?

Er tritt jedenfalls bei Rock am Ring auf, Einzelshows weiß ich nicht. Einige Bekannte fahren wohl auf eines seiner Konzerte nach Amsterdam.

Adam: Rock am Ring ist aber nicht gerade das passende Festival. Ist da nicht eher das härtere Rockpublikum anzutreffen?

Ja, das stimmt. Aber es sind drei Bühnen. Die decken schon ein weites Spektrum ab. Jedenfalls ist heute im gleichen Gebäude Releaseparty seiner neuen Platte. Falls ihr nichts zu tun habt...

Adam: Ich werde einfach seiner Stimme folgen.

Die Zeit ist um. Der nächste Interviewer betritt den Raum. Adams Versuch ihn abzuwimmeln, bleibt erfolglos.

Adam: Ein Profi.

Vielleicht kannst du mir noch etwas über eure Vorband The Essex Green erzählen.

Adam: Sie sind aus New York und in Schweden ziemlich bekannt. Außerdem waren sie schon zweimal in Stockholm bevor ich sie richtig kannte. Dann hatten wir die Möglichkeit einer Headlinertour in den Staaten, und wir konnten uns die Vorband selbst aussuchen. Deswegen fragten wir sie einfach und sie sagten zu. Dabei wurden wir dann richtig gute Freunde und wir hatten die Möglichkeit sie hierher mitzunehmen. Ich finde es großartig mit Bands zu touren, die man wirklich mag. Es sind einfach tolle Leute.

Möchtest du zum Abschluss noch für irgendetwas Werbung machen?

Adam: Ja, tatsächlich. Wir werden eine Remix-EP veröffentlichen, auf der andere Bands unsere Songs remixen werden. Kennst du Architecture In Helsinki?

Ja, sicher.

Adam: Sie werden einen Remix von "Very Loud" machen. Das wird bestimmt interessant.

Kann ich mir gut vorstellen.

Adam: Ich mag auch elektronische Musik sehr. Auf der EP werden wohl einige Songs in diese Richtung gehen. Erscheinen wird es wohl im Mai und der Name könnte "Combined" sein.

Gut, wir sind gespannt. Danke für das Interview, und wir sehen uns auf dem Konzert.

Matthias Kümpflein

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