Interview

Madsen


Ein Sommernachmittag in Wiesbaden. Auf der Wiese sitzen vereinzelte Grüppchen von Bandmitgliedern und Interviewern und genießen das Wetter. Am Abend spielen Madsen mit Schrottgrenze und Klez.E im Schlachthof und der Dreierpack erweist sich als gute Mischung. Irgendwo im Grün befindet sich Sebastian Madsen und spricht über Filme, Lachen und Madsens.

Wie würdest du gerne in die Geschichtsbücher eingehen, wenn nicht als Musiker?

Sebastian Madsen: Das ist schwierig. Nicht als Politiker. Ich bin mehr der Geschichtenerzähler. Als Autor könnte ich es mir vorstellen. Vielleicht schreibe ich irgendwann mal ein Buch.

So wie Sven Regener?

Sebastian: Ja, so in etwa. Das gefällt mir ganz gut, was er macht.

Was war die stürmischste Zeit in deinem Leben?

Sebastian: Mit Sicherheit irgendwann im letzten Jahr. Was wirklich aufregend war, war in den ganz großen Hallen mit Wir sind Helden zu spielen. Das haben wir im Mai gemacht und dann auch noch mal im Dezember und da waren dann so Clubs dabei wie die Color Line Arena in Hamburg - da war man vorher mal und hat Oasis gesehen - und das war schon extrem aufregend. Natürlich auch, wenn man sich dann auf MTV sieht und ne riesen Welle losgetreten wird und jeder hat auf einmal eine Meinung zu dem, was du tust und du musst damit klar kommen, das alles auf einmal war schon recht stürmisch.

Warst du je als Pirat bei einem Kostümfest oder beim Karneval?

Sebastian: Ich war einmal Cowboy und einmal Chinese und Pirat war ich, glaube ich, auch mal, ja. Ich hab noch irgendwo die Augenklappen und Mützen und Säbel rumflattern bei uns zuhause in der Verkleidungskiste.

Dank Fluch der Karibik ist der Pirat ja wieder sehr aktuell. Auch ein Film für dich?

Sebastian: Der erste Teil war super. Mit dem zweiten konnte ich nicht soviel anfangen. Irgendwie ist der zweite zu reißerisch oder zu platt. Und der erste hatte zumindest noch nen speziellen Humor, obwohl es großes Hollywoodgelüge war. Aber trotzdem sehr nett. Was ich interessanter fand für den Song Piraten war der alte Schwarz-Weiß-Film von Bonnie und Clyde. Kennst du den?

Ich hab ihn nie gesehen.

Sebastian: Das ist wirklich ein schöner Film. Das ist so ne Art von Romantik, die versteh ich. Dieses aggressive, abgestumpfte Verliererpärchen, mit dem du trotzdem sympathisierst. Die bringen alle Leute um, aber total überspitzt gezeigt, wie ein Märchen erzählt und hinterlassen überall Blutbäder, aber irgendwie willst du trotzdem, dass die durchkommen, weil sie die Liebe entdeckt haben.

Was ist das Unlogischste, was dir je untergekommen ist?

Sebastian: (überlegt lange) Ich glaub, das kann ich dir gar nicht genau sagen. Was ist schon unlogisch? Auf jeden Fall habe ich Logik immer gehasst, ich bin so ein Märchenonkel. Auch Musik, die logisch aufgebaut ist, kann gut sein. Elektronische Musik kann sehr gut gemacht sein. Aber wenn Rockbands versuchen logisch zu produzieren, dann geht das meistens in die Hose, dann klingt das so nach Bullet for my Valentine, so konstruiert. Logik ist der größte Feind der Rockmusik.

Angenommen du hättest die Chance die Welt in einer Hinsicht zu retten: wie?

Sebastian: Ich habe gerade diesen Film "Das Parfüm" gesehen. Den fand ich echt spitze. Wenn Romanverfilmung, dann so. Ich würde das dann auch so machen. Ich würde niemanden umbringen, sondern einfach ein Parfüm mixen, das die Leute gut drauf macht und es in die Welt hinaus versprühen.

Hast du einen Lieblingssuperhelden?

Sebastian: Batman find ich geil. Das ist so ein schöner finsterer Charakter und vor allem ist es ein Charakter. Ich war ganz enttäuscht vom Superman-Film, der ist ne glatte Katastrophe, ne glatte 6. X-Men fand ich okay, ist der gleiche Regisseur, aber das ging gar nicht. Ne absolut aalglatte, langweilige Figur. Batman, da gibts auch Filme, die daneben sind, aber die Figur an sich ist toll.

Auf eurem Album habt ihr einen Song namens "Unzerbrechlich". Da werden Personen beschrieben, bei denen man sich denkt, so will ich nicht sein. Gibt es solche Personen denn überhaupt, die derart unzerbrechlich sind?

Sebastian: Nee, niemand ist unzerbrechlich. Es gibt aber Leute, die denken, dass sie es sind und das war ausschlaggebend für den Song. Das ist so ne typische Madsen-Geschichte. Über Typen, die mir eigentlich furchtbar leid tun und denen ich eigentlich helfen möchte, die aber auch unheimlich gerne austeilen, halt arme Schweine sind.

Gabs einen Moment in deinem Leben, an dem du jemanden gehen lassen und sagen musstest, dass du nicht mit kommst?

Sebastian: Ich bin grundsätzlich niemand, der Menschen einfach so verlässt oder wegschiebt, also hab ich das so noch nicht erlebt. Auch wenn irgendwas mal nicht so ganz klappt, was man zusammen angefangen hat, dann find ich es doch interessant zu gucken, was macht diese Person. Man will ja dann doch wissen, wie es dieser Person geht.

Was war in ner Situation, in der es dir total beschissen ging, das richtige Wort?

Sebastian: Lachen ist immer so ein schönes Wort. Mit unserer aktuellen Platte wurden wir ja teils auch richtig verrissen. Wir hatten immer noch Glück gehabt, sind noch gut weggekommen. Aber bei der ersten Platte war es so, es war das ganz große Ding und jetzt gab es auch kritische Stimmen, ist ja auch normal. Ein paar waren mir aber doch zu kritisch und dann ist die Frage, wie geht man damit um? Und dann spielt man so ne Tour und es kommen mindestens 500 Leute zu jedem Konzert und da muss man sich dann freuen und da kann man lachen. Anscheinend gibt es im Moment mehr gute als schlechte Sachen und da muss man sich auf die guten Sachen besinnen. Lachen.

Du als Filmfan, brauchst du Happy Ends?

Sebastian: Kommt auf den Film an. Bei jedem Film mit Hugh Grant muss natürlich ein Happy End sein. Aber wenn von Anfang an alles fürn Arsch ist und die Figuren auch kein Happy End verdient haben, dann sollen sie auch keins kriegen.

Gibts ein Produkt im Regal, das du gerne wärst?

Sebastian: Vielleicht ein Dosenöffner, die halten halt ziemlich lang und sind ziemlich nützlich.

Und welches Produkt wäre nix?

Sebastian: Feuerzeug. Die haben keinen Stil. Ich bin für die guten alten Streichhölzer.

Was war in deinem Leben der euphorischste Moment?

Sebastian: Ich denke, dass das so ne Bandgeschichte ist. wir haben bei uns im Landkreis mal nen Nachwuchswettbewerb gewonnen. Wir sind reingegangen in dem Glauben, wir loosen da total ab. Und da haben wir gewonnen bei sechs regionalen Bands. Das war die Band von Niko, Sascha und mir, Alice's Gun, da haben wir die Fäuste nach oben gerissen und uns in die Arme genommen. Das ist ein euphorischer Moment, an den ich mich gut erinnern kann.

Gut. Ein paar Personen, kurze Statements. Michael Madsen.

Sebastian: Findet man immer beim googlen, wenn man nach seiner Band sucht.

Kennst du seine Filme?

Sebastian: Ja, ein paar. Spielt er bei GoodFellas mit?

Bei GoodFellas glaube ich nicht, aber bei Reservoir Dogs, Kill Bill,...

Sebastian: Auf jeden Fall ist er ein 1A-Bösewicht. Klasse Schauspieler. Besonders bei Kill Bill, im zweiten Teil kommt er ja gut raus. Wenn du nen Film findest, bei dem er keinen Bösewicht spielt, und mir das nachweisen kannst, bekommst du einen Kasten Bier von mir.

Gut, ich komm drauf zurück.

Sebastian: Oder sagen wir mal nen Sixpack.

Solangs kein Oettinger ist. Nächste Person: Peter Madsen.

Sebastian: Ich weiß, dass er Fußballer ist. Spielt er in Wolfsburg?

Er war mal in Wolfsburg, ist jetzt in Köln gelandet.

Sebastian: Hab ich nur von gehört, ich hab den noch nie gesehen. Aber er soll ja en Torjäger sein. Dadurch, dass er einer der wenigen Prominenten in Deutschland ist, die Madsen heißen, würde ich ihn sofort auf die Gästeliste schreiben. Auch als Nicht-Fußballfan.

Johannes Madsen.

Sebastian: Mein Lieblingsbruder darf ich ja nicht sagen, dann wäre der andere traurig, ich mag sie beide sehr. Sehr spezieller Typ. Ich mag ja so kantige Gestalten. Er ist alles andere als ein geiler Sologitarrist, einfach ein Typ, dem man gerne zuguckt, wenn er spielt und über den man oft staunt, weil er so speziell ist. Deswegen bin ich froh, dass er mit in dieser Band spielt.

Sascha Madsen.

Sebastian: Verdammt guter Schlagzeuger, der sich das wirklich lange erarbeitet hat.

Niko Maurer.

Sebastian: Niko Maurer ist der Master of Grundtönespieler. Er frickelt nicht rum, er spielt ganz soliden Grundtonbass.

Volkert Jahnke.

Sebastian: Volkert Jahnke ist sehr musikalisch. Das Instrument, was er am wenigsten spielen kann, ist Orgel und deswegen ist er in der Band Madsen.

Sebastian Madsen.

Sebastian: Das bin ich. Und Sebastian Madsen ist derzeit durch und durch zufrieden.

Martin Korbach

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