Rezension

Joss Stone

Introducing Joss Stone


Highlights: Baby, Baby, Baby // Girl They Won't Believe It
Genre: Soul R'n'B
Sounds Like: Amy Winehouse // Macy Gray // Lauryn Hill // Destiny's Child

VÖ: 16.03.2007

Mit 16 Jahren ein Debüt-Album das nicht nur Klassiker der Soul-Musik covert. Mit 17 eines, an dem die Künstlerin – Joss Stone – zwar mit geschrieben hat, aber nicht wirklich Einfluss nehmen konnte. Und nun mit 19 Jahren ein Album, das sie zum ersten Mal wirklich reflektiert: „Das ist das erste Album, auf dem ich ganz ich selbst sein kann. Das sind meine Texte, das bin ich als Künstlerin.“ In gewisser Weise also ihr drittes Debüt-Album, die Vorstellung ihrer eigenen musikalischen Vision. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk bezeichnet sie ihre bisherige Tätigkeit als „Vocalist“ im Gegensatz zu „Artist“. Nach zwei Alben als Sängerin, nach Intermezzi als Schauspielerin und Modell, zeigt sich die veränderte Joss Stone auch in den Presseaufnahmen. Eine Mischung aus Pippi Langstrumpf, Christina Aguilera und Lil’ Kim. Aber das sind Nebensächlichkeiten, modischer Stil und Musik müssen nicht immer Hand in Hand gehen.

Zur Musik also: Nach einem unnötigen Intro kommt „Girl They Won't Believe It“ unter negativen Vorzeichen und Gerüchten überraschend positiv rüber. Voranstürmend, streicherlastig, eigentlich nicht weit weg vom gewohnten – und vor allem lieb gewonnenen – Joss-Sound. Vielleicht ist es etwas moderner, weniger Motown oder 70er, sondern mehr 90er Jahre, bzw. 00er. Doch schon „Headturner“ lässt zweifeln. Statt der auf „Mind, Body & Soul“ vorherrschenden Imitation – positiv gemeint – des 60er und 70er Soul’n’Blues-Klangs, wird versucht, diesen ins Heute zu transformieren. Etwas, das schon bei Christina Aguilera aktuell schief geht - hier tut es das ebenfalls. Nur Joss Stimme überzeugt wie immer. Die aktuelle Single „Tell Me ’bout It“ funktioniert vor allem wegen des ?uestlove- bzw. „The Roots“-artigen Schlagzeugs als funkige Chartsnummer. Dabei liegt die Betonung auf Charts und der implizierten Massentauglichkeit.

Erschreckend ist Commons Beitrag auf „Tell Me What We Gonna Do“. So uninspiriert und gelangweilt, dass man sich fragt, was ihm dafür gezahlt wurde. Dazu klingt der Einstieg wie eine x-beliebige Wyclef-Nummer, und deren Austauschbarkeit sollte bekannt sein. Common bleibt nicht das einzige verheizte Feature. Lauryn Hill – neben Aretha Franklin wohl Joss’ großes Vorbild – beehrt die Künstlerin in „Music“ und kann gleich wieder vergessen werden. Der Song an sich kommt einmal mehr nicht wirklich schlecht - und ebenso wenig gut - daher. Wahrscheinlich musste sich Produzent Raphael Saadiq anstrengen, zumindest diesen Eindruck von Qualität zu hinterlassen. So klingt dann „Put Your Hands On Me“ trotz interessantem Schlagzeugbeat wie ein durchschnittlicher Klon aus X-Tina und Pink.

Eine Einschätzung, die um so mehr schmerzt, als „The Soul Sessions“ und „Mind, Body & Soul“ so viel versprachen. Jeder Song auf „Introducing“ ist ein potentieller Radiohit, nicht mehr. Von Lied zu Lied wird es schwerer, interessiert zuzuhören. Spätestens beim süßlichen „Proper Nice“ oder dem weichgespülten „Bruised But Not Broken“ langweilt das. Ein Highlight – wenn auch nur wegen der Einzelteile – ist dann zumindest „Baby, Baby, Baby“. Immer noch nur einer unter vielen ähnlichen Songs, stechen doch Scratches und Keyboard hervor. Hier klingt das Album noch mal ein wenig wie die Vorgänger; was leider nicht hilft, denn der größte Schmalz kommt in „What Were We Thinking“, bevor unser 19 jähriges Ex-Blondchen im Outro gar nach Mariah Carey klingt.

Wie angemerkt, funktioniert jeder einzelne Song als funkige R’n’B-Nummer, und weist immer noch Anklänge an die Vergangenheit aus, doch insgesamt ist dieses dritte Debüt-Album von Joss Stone arg dünn geraten. Nett halt. Und es schmerzt, dass der Gospel aus Stones Musik vollständig verschwunden ist.

Oliver Bothe

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