Rezension
Woodkid
The Golden Age
Highlights: I Love You // Ghost Light // Conquest Of Spaces
Genre: Melodramatischer Pop
Sounds Like: These New Puritans // Patrick Wolf // Hurts
VÖ: 15.03.2013
Der französische Künstler Yoann Lemoine erhitzt gerade die Gemüter. Wirklich kalt lässt sein Projekt Woodkid niemanden – entweder man bezeichnet „The Golden Age“ als Kandidat für das Album des Jahres oder als großen, unberechtigten Hype. Was aber ist dran am Wunderkind Woodkid?
Zunächst einmal scheint Lemoine unglaublich clever zu sein, wenn es darum geht, den Zeitgeist zu erkennen. Neben Woodkid trat er in der Vergangenheit vor allem als Videoregisseur auf – und verlieh so manchem Popsternchen visuell etwas kreativen Glanz. „The Golden Age“ ist ebenfalls interessant positioniert: Es beschreibt konzeptionell einen Abgesang auf das „Goldene Jahrzehnt“. Damit sind nicht die zwanziger Jahre im letzten Jahrhundert gemeint, sondern die zwanziger Jahre eines Mitteleuropäers, der zwischen Entscheidungsfreiheit und Selbstfindungsdrang unstetig seinen Platz sucht und dabei unbegrenzte Möglichkeiten des Ausprobierens hat. Lemoine selbst, Jahrgang 1983, rekapituliert nun mit gewaltiger Bild und Tonsprache eben jene Zeit. Somit trifft „The Golden Age“ bereits vom Grundgefühl eines: nämlich das Lebensgefühl jener kaufkräftigen Gruppe, bei der der Musikkonsum wohl mit am ausgeprägtesten ist.
Im Vorfeld von „The Golden Age“ standen die Stücke und inbesondere Videos zu „Run Boy Run“, „Iron“ und „I Love You“, die auch die Hauptpfeiler des Albums sind. Dort trifft ein Sound, der sonst eher in die Schlachtengemälde des Hollywoodkinos gehört, auf schwarz-weiß-ästhetische Videos, die jenen Bombast stilsicher in Szene setzen. Zu diesem unglaublichen Maß an Pathos gesellt sich Woodkids Stimme, die dem Instrumentalsound deutlich den Wind aus den Segeln nimmt. Lemoine singt ruhig, klar, meist unaufgeregt. Er ist nicht nur in den genannten Stücken der Ruhepol, der ein völliges Abgleiten in die Überproduktion verhindert – und nebenbei ist dadurch schon der konzeptionelle Konflikt zwischen der Suche nach Erdung mit dem Gegenpart exhibitionistischer und möglichst lauter Selbstdarstellung perfekt inszeniert.
In Gänze überrascht „The Golden Age“ allerdings, da ein Großteil der Titel das Tempo der Vorabveröffentlichungen nicht halten kann. Gerade die markanten, treibenden Drummparts, die „Run Boy Run“ und „Iron“ auszeichnen, sind auf dem Rest des Albums eher spärlich zu finden. Wirkliche Highlights sind zwar noch „Ghost Light“ und „Conquest Of Spaces“, danach wird es aber ruhig – trotz vielfachem Einsatz von Bläsern und Posaunen. „Falling“ oder „The Shore“ etwa geht trotz Bläser- und Posauneneinsatz auf halber Strecke zwischen Pop und Folkanleihen die Luft aus. Auch dies allerdings kann man als Symbol für das Konzept Woodkids ansehen: In den Zeiten des Ausprobierens muss man ein paar Mal scheitern, um am Ende Großes zu Vollbringen.
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