Rezension

Women

Public Strain


Highlights: China Steps // Eyesore // Heat Distraction
Genre: Noise-Rock // Experimental
Sounds Like: Deerhunter // Ariel Pink's Haunted Graffiti // Archie Bronson Outfit // The Jesus And Mary Chain

VÖ: 10.09.2010

Women, Girls, The Boys, Men, es gibt einige Bands, die versuchen mit ihrem Namen die Geschlechterrollen zu vertauschen. Bei „Women“ wird vielleicht manch einer an eine heiße Indie-Girl-Group denken, in Wahrheit verbergen sich dahinter aber vier waschechte Jungs, die wegen ihrer rüpelhaften Manieren sogar schon mit Oasis verglichen wurden. Der Vergleich liegt recht nahe. Nicht nur, dass in beiden Bands zwei Brüder das Sagen haben beziehungsweise hatten, auch deren Verhalten ähnelt einander. So wird auch bei Women gerne mal exzessiv gefeiert, oder mit den Fäusten zugeschlagen. So geschehen am 29. Oktober diesen Jahres bei ihrem Auftritt in British Columbia, Kanada. Der Band, und vor allem den Brüdern Patrick und Matthew, die passender Weise Flegel mit Nachnamen heißen, hatte das lange Touren einige Nerven und Energie gekostet, und so kamen sie schon mit einigen Unstimmigkeiten zum Soundcheck auf die Bühne. Diese wurden dann vor dem gespannten Publikum ausgetragen. Nach einigem Hin und Her wurde schließlich das Konzert abgesagt und das Aus der Band verkündet. Sarkastischerweise geschah das Ganze in Halloween-Kostümen, einer der Band-Mitglieder war sogar als Mr. T vom A-Team verkleidet. Ob es irgendwann zu einer Wiedervereinigung kommt, steht noch in den Sternen geschrieben.

Glücklicherweise wurde aber die Musik der Band auf Platten, CDs und digital verewigt. So haben alle, die die Band bisher noch nicht kannten, die Möglichkeit, sie auch nach ihrer Auflösung noch kennen zu lernen. Nach ihrem selbstbetitelten Debüt erschien in diesem Jahr „Public Strain“. Beim ersten Hören wirkt es genauso undurchschaubar und chaotisch wie das Beziehungsgeflecht, in dem es entstanden ist. Kratzende, ungestimmte Gitarren, lethargisch und unmelodiös daher Gesungenes, oftmals in der Ferne verloren gehende Melodien, die erst nach Minuten wieder aufgenommen werden. Das klingt nicht gut? Das tut es eben doch. Nach einiger Zeit taucht man in Womens Welt ein und verfolgt gespannt deren weitere Schritte, wenn es mal wieder auf experimentelle Ausflüge geht. Hier und da entdeckt man dann nach einiger Zeit sogar potentielle Pop-Songs, oder zumindest Teile davon. In „Eyesore“ beispielweise, einem über sechs Minuten langem Song, der, jedes Mal, wenn die Gitarre eine Sekunde Pause macht und im Anschluss wieder lauter werdend aus dem Nichts erklingt, neu zu beginnen scheint. Die spitze, oft widerborstig und zickig klingenden Gitarrenmelodien („Heat Distraction“, „China Steps“) erinnern oft an Songs von Deerhunter und reißen ebenso mit.

Schade, dass es davon vorerst nicht mehr zu hören geben wird. Vielleicht können aber die Streitigkeiten in der Band beim gemeinsamen Weihnachtsfest ausgetragen werden und wir hören schon bald gute Neuigkeiten. Und wenn das Musizieren in der bisherigen Formation nicht mehr möglich ist, dann sicherlich zumindest in anderen Projekten.

Marlena Julia Dorniak

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