Wiley ist in der Grime-Szene so etwas wie Jay-Z im Rap-Bereich – ein Urvater, ein Original, das sich nicht scheut, Neues auszuprobieren und Genregrenzen zu überschreiten. Im letzten Jahr packte Wiley einfach mal einen Haufen Tracks zum freien Download auf seine Page, nachdem er sich mit seinem Label verworfen hatte. „100% Publishing“ ist, wie der Titel besagt, gänzlich Wileys Werk. Er hat diese Platte ganz alleine geschrieben, aufgenommen, produziert und eingerappt. Ein bisschen DIY-Attitüde, die der Platte gut tut.

Denn Wiley hat hier die perfekte und gleichzeitig einfache, weil anschauliche, Antwort auf die Frage, was denn Grime ist. „Numbers In Action“ und „Yonge Street“ sind hittaugliche Rap-Tracks, die mit ihrer Boom-Clap-Grundhaltung auf der Schwelle zum Club stehen. Wenig überraschend, aber sicher erfolgversprechend. Tracks wie „Boom Boom Da Na“, dem die klassische Zirkus-Melodie zugrunde liegt und später von Wileys Raps gedoppelt wird, oder „Wise Man And His Words“, das wie eine Piano-Ballade anfängt und sich dann ohne Vorwarnung mit einem astreinen Grime-Beat und einem eindringlichen Bass verbindet, beweisen, wie das Genre klingen kann, wenn man es lässt. Mit diesem Wissen im Hinterkopf lässt sich auch ein R‘n‘B-Track wie „Talk About Life“ feiern, der im Grime-Gewand daher kommt und dieses Stück für Stück ablegt. „Pink Lady“ und „One Hit Wonder“ sind mit ihren Videospiel-Sounds 1a-Raptracks, die genau in den Zeitgeist passen.

Auch nach 15 Jahren weiß Wiley noch, was Grime ist. Denn Grime ist, was man draus macht. Er verzichtet auf die Eurodance-Ausflüchte wie die des Kollegen Dizzee Rascal und setzt sich stattdessen weiterhin mit dem Genre auseinander. Nur so kann Stillstand verhindert werden. Schön, wenn dem Ganzen dann noch diese DIY-Essenz zugrunde liegt.

Andreas Peters

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