Rezension

Washington

Rouge/Noir


Highlights: Last Of Eve // Adante // Appendix 1: As Waves Shape The Sea
Genre: Melancholischer Pop
Sounds Like: Midnight Choir // Sophia // Kashmir // Joyce Hotel

VÖ: 21.11.2008

Washington. Ein dämlicher Name für eine Band, die aus dem nördlichsten Norwegen stammt, wo selbst das Washington Monument noch im Schnee versinken würde und Tageslicht ein kostbares Gut ist. Deshalb kommt man auch nicht umher, die typischen Schlagworte für nordische Bands wie Kälte, Melancholie, Düsternis, Ruhe etc. rauszufeuern, obwohl das so langsam wirklich auf die Nerven geht. Washington haben mit ihrem dritten Album „Rouge/Noir“ aber auch alles dafür getan, dass sich daran nichts ändert. Ganz im Gegenteil: Die Americana-Einflüsse und Popanleihen der beiden Vorgänger sind vollkommen von der Bildfläche verschwunden. An ihre Stelle treten Kälte, Melancholie, Düsternis und Ruhe.

Auch wenn das Album zuerst auf eine falsche Fährte lockt: Der eröffnende Titelsong lässt zu Beginn relativ laute Gitarren erklingen, bevor Rune Simonsens glasklare Stimme „Rouge/Noir“ in eine waschechte Radiohead-Reminiszenz verwandelt. Und auch das nachfolgende „Something Of A Voyage (Into The Underworld)“ mit seinem erstaunlich beschwingten Gitarrenpop liefert noch keine Anhaltspunkte darüber, wie das Album schließlich größtenteils klingen wird und wirkt gerade deshalb im gesamten Kontext wie ein Fremdkörper.

Das schöne „Last Of Eve“ schraubt dann Tempo und Stimmung erheblich herunter, wirkt fast wie eine Singer/Songwriter-Nummer und besagte Melancholie bekommt durch Streicher und Horn endlich ihren Auftritt. Noch sphärischer präsentiert sich, von einem kurzen Noisegewitter abgesehen, „Andante“. Der Höhepunkt von „Rouge/Noir“ befindet sich jedoch genau in der Mitte. Das fast achtminütige „Appendix 1: As Waves Shape The Sea“ erhebt sich ganz allmählich wie ein schlafender Riese, um am Ende in einem wunderschönen Refrain zu explodieren. Leider passiert danach nicht mehr viel. Zuerst scheitert man bei dem Versuch, die Manic Street Preachers zu kopieren („Guerre de Rue“) und die letzten drei Songs kann man mit viel Wohlwollen noch gerade so als unspektakulär bezeichnen.

Washingtons Mut zur Veränderung in allen Ehren, aber „Rouge/Noir“ ist letztendlich nicht die gelungene Weiterentwicklung, die sich die Band vorgenommen hatte. Auch wenn die guten Ansätze erkennbar sind, gibt es dort oben im Norden eine Menge anderer Bands, die das wesentlich besser können, was Washington hier versucht haben.

Benjamin Köhler

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