Rezension

Twin Peaks

Wild Onion


Highlights: I Found A New Way // Sloop Jay D // Making Breakfast // Flavor
Genre: Garagepunk // Powerpop
Sounds Like: The Orwells // Fidlar // King Tuff

VÖ: 06.02.2015

Mit der namensgebenden surrealen TV-Kultserie haben Twin Peaks nichts gemeinsam. Während David Lynch nächstes Jahr zur dritten Staffel wieder in den pazifischen Nordwesten der USA zu Neurotikern, Doppelidentitäten und Eigenbrötlern einlädt, hat die Band aus Chicago andere Ambitionen. Anstelle von atmosphärischen Klangtüfteleien liefern die Garage-Punks lieber den Soundtrack zu den simplen Freuden des Lebens.

„Wild Onion“ ist das zweite Album und dabei mit 40 Minuten doppelt so lang wie das Debüt „Sunken“. Das klingt erst mal nach großer Ambition und nach erzwungener Weiterentwicklung. Doch es fällt glücklicherweise immer noch nicht schwer, „Wild Onion“ zu mögen. Diese Lieder sind auf das Wesentlichste reduziert, gehen gleich ins Ohr und besitzen dann doch genügend Ösen und Haken, um auch nach dem zehnten Durchlauf zu gefallen. Natürlich wurde da schon alles tausend Mal gehört. Von der Pixies-Gitarre in „Fade Away“ über das Jagger-Gekreische im Opener „I Found A New Way“ bis hin zur (hoffentlich) ironischen Aerosmith-Anleihe in „Making Breakfast“: Hier schrauben Twin Peaks Erprobtes aus dem Rock-Kanon der letzten 50 Jahre neu zusammen.

Kritiker werden nun sicherlich feststellen, dass „Wild Onion“ eine sehr heterogene Affäre ist und der Band anheften, dass sie noch nicht wissen, ob sie jetzt die wilden Buben aus dem Probekeller oder die sanften Popper sein wollen. Sicher, das Album ist nicht kohärent und hätte wohl mit klarerer Ausrichtung zwei solide EPs abgegeben. Auch gibt es einige halbgare Interludes, welche die Existenz von Skiptasten legitimieren. Doch die Highlights sind so gewaltig, dass man die Hänger hinnimmt. Man höre nur „Flavor“, was eigentlich ein einziger, langgezogener Refrain ist und einen gerade deswegen himmelhoch jauchzen lässt. Oder das nölende „Sloop Jay D“. Oder den an Tom Petty erinnernden Power-Pop „Good Lovin'“.

Doch all dies ist hochtrabende Theorie, besserwisserisches Mit-dem-Finger-Wedeln von Leuten, die sich längst zu alt für einen schwitzenden Moshpit glauben. „Wild Onion“ macht gewaltig viel Spaß und jedes auch noch so berechtigte „Aber“ soll dir spätestens dann herzlich egal sein, wenn du dir einen weiteren Streifen Kaugummi reinschiebst und „It's only Rock'n'Roll but I like it“ vor dich hinsummst. So einfach kann es manchmal sein.

Yves Weber

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