Es ist September und es ist nass und kalt. Keine gute Umgebung für ein Thievery-Corporation-Album. Schaut man sich das Genre, die verwendeten Stile oder Gastmusiker an, so möchte man meinen, hier ein entspanntes Sommeralbum vorliegen zu haben. So ist es auch. Entspannte Loungemusik, leichte Jazzanleihen, Triphop, Downbeat. Dazu passen eigentlich nur diverse tropisch anmutende Cocktails, Sonne und Wasser, das nicht vom Himmel herabgießt. Möglich, dass gerade in diesem Genre die Möglichkeiten sehr eingeschränkt sind, weshalb womöglich diese Rezension auch in ihren Metaphern, Deutungen, Aussagen vielem gleichen wird, was eigentlich über jede Platte dieser Musikrichtung geschrieben wird. Allerdings: Was sollte man auch schreiben, über Musik, die eher leicht den Weg in die Gehörgänge findet, die eher untermalt als fordert, die „ganz nett“ unterhält, sich jedoch nicht dazu eignet, Diplomarbeiten über sie zu verfassen? Die Frage ist auch: Braucht man so etwas?

Ja, natürlich. Niemand ist bemitleidenswerter, als jene, die nur noch verkopft auf der Suche nach möglichst anstrengenden, avantgarde-verdächtigen Werken sind, ohne sich ausgiebig der Entspannung zu widmen. Genau dafür sind Thievery Corporation und Konsorten gut. Was ist zu „Radio Retaliation" zu sagen? Die Texte? Politisch, größtenteils gegen Bush, und Co. Auf dem Cover eine vermummte Person. Geschenkt, so was überhört/-sieht man sowieso. Musikalisch? Ein bunter Stilmix. Asiatische Einflüsse („Mandala“) treffen auf osteuropäische oder portugiesische Gastsänger („Hare Krsna“), Triphop auf lateinamerikanischen Sound („El Pueblo Unido“). Balladen mit Frauenstimmen („Beautiful Drug“) auf lupenreinen Reggae („Radio Retaliation“). Kurzum, scheinbar die ganze Welt wird auditiv einmal umrundet. Von überall her nehmen die zwei verantwortlichen Musiker Rob Garza und Eric Hilton Adaptionen, Einflüsse und Elemente, mixen alles einmal durch und machen eine sehr allgemeinverträgliche Mischung daraus.

All jenen, die noch keine einzige Platte dieses nicht exakt definierbaren Genres besitzen, sei angeraten, sich „Radio Retaliation“ zu eigen zu machen: Die nächste Party kommt bestimmt, die ruhigen Stunden, in denen man den Kopf einfach mal ruhen lassen will, ohne dabei auf Musik zu verzichten. Es gibt dieses Sprichwort - beinhaltend flache und tiefe Seen - dass erstere zumeist jene sind, die recht groß sind, während kleine Seen sehr tief sein können. Thievery Corporation machen Musik, die seichte, flache Gewässer darstellen würde, zwar nicht sehr tiefgründig, aber weit ausdehnend.

Klaus Porst

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