Rezension

The Sight Below

It All Falls Apart


Highlights: Shimmer // Through The Gaps In The Land // Burn Me Out From The Inside // Stagger
Genre: Ambient Drone
Sounds Like: Brian Eno // Syntaks // Harmonia // Slowdive

VÖ: 02.04.2010

Die Kritiker von Ambientmusik – oder eher jene, die mit dieser Musik nichts anzufangen wissen – wird es begeistern, dass The Sight Belows neues Album „It All Falls Apart“ unter anderem als New-Age-Musik geführt wird, dass es also de facto als „esoterisches Gewimmere“ abgetan werden könnte. Jedoch – um es von vorn herein klar zu stellen – überzeugt The Sight Below auch auf seinem neuen Album mit seiner ganz eigenen, ganz besonderen Version melancholischer, emotional aufgeladener und insbesondere umwerfend schöner instrumentaler, elektronisch verfremdeter Klanglandschaften.

Dem Namen des Eröffnungstracks entsprechend („Shimmer“) erhebt sich das Album schimmernd und glänzend wie ein Sonnenaufgang über einer ruhigen See. The Sight Below vermochte bereits auf seinem 2008er Album „Glider“ aus einfachen Gitarrenklängen, die unter anderem mit dem Bogen gespielt und durch elektrische Effektgeräte gelenkt wurden, atemberaubendes, scheinbar unendliches Summen und Dröhnen zu schaffen, das in seinem organischen Charakter in letzter Konsequenz eins wird mit Atmung und Herzschlag des Hörers. Wenn man von aller Welt abgeschieden ist und wirklich nur noch die eigene Atmung und das Rauschen des Blutes hört, erlebt man eine Klangkulisse, die der ähnelt, die The Sight Below in seinen Stücken erzeugt. Die Musik auf „It All Falls Apart“ ist wie diese Geräusche der Stille, wenn es möglich wäre, sie aufzuzeichnen und elektronisch verstärkt zu hören. Am großartigsten gelingen diese lebenden Songs, wenn das Dröhnen der Gitarre von elektronischer Perkussion begleitet wird, die – wie in „Through The Gaps In The Land“ – dem Herzschlag ähneln, den du hörst, wenn du dein Ohr an die Brust eines geliebten Menschen hältst.

Vielleicht steckt hinter „The Sight Below“ ein zutiefst regressiver Mensch, möglicherweise ist alles, was er mit seiner Musik erreichen will, eine Klangkulisse, die dem entspricht, was er sich unter dem Zustand vor seiner Geburt vorstellt. Sollte dies so sein, wäre er sicherlich ein interessanter Fall für die Psychologie. Allerdings gelänge ihm dies Anliegen ungemein gut. Somit würde es nichts daran ändern, dass The Sight Below mit „It All Falls Apart“ erneut Klanglandschaften einer außergewöhnlichen Schönheit vorlegt. Seine Musik entwickelt sich zwar nicht entscheidend weiter im Vergleich zum Vorgängeralbum, wenn man von der Coverversion von Joy Divisions „New Dawn Fades“ absieht, das ist in diesem Fall aber tatsächlich überhaupt nicht nötig. So bleibt nur darauf hinzuweisen, dass weiterhin die kostenfreie „No Place For Us“ EP aus dem Jahr 2008 über die Seiten von Ghostly International zu erhalten ist, und ansonsten in der epischen Unergründlichkeit des Albumabschlusses „Stagger“ zu schwelgen.

Oliver Bothe

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