Rezension

The Daredevil Christopher Wright

In Deference Of A Broken Back


Highlights: The East Coast // A Conversation About Cancer // The Stewardess
Genre: Folk // Pop // Swing
Sounds Like: The Beach Boys // The Shins // The Decemberists // Neutral Milk Hotel

VÖ: 29.10.2010

Wer bei The Daredevil Christopher Wright aus Eau Claire, Wisconsin, nicht schon aufgrund des schrägen Bandnamens neugierig ist, was für Musik sich dahinter verbirgt, sollte stutzig werden, wenn er erfährt, dass kein Geringerer als Justin Vernon von Bon Iver für das Abmischen ihres Debütalbums „In Deference To A Broken Back“ verantwortlich zeigt. Ja, auch der Albumtitel ist alles andere als gewöhnlich. Und ähnlich verschroben, wie sich das aus den beiden Brüdern Jon und Jason Stunde sowie Jesse Edgington bestehende Trio bei der Namenswahl zeigt, klingt auch ihre Musik.

Dabei setzen sich The Daredevil Christopher Wright auf ihrem ersten Album mit einem ebenso konventionellen wie ernsten Thema auseinander. „In Deference To A Broken Back“ dreht sich um Krankheit und Tod, um die Widrigkeiten des Lebens und ihre Bewältigung. Dass viele der hier erzählten Geschichten auf wahren Erlebnissen von Freunden und Bekannten beruhen, macht das Ganze inhaltlich nicht leichter bekömmlich. „I died / on the way to the hospital I died / you cried / On the way to the funeral you cried” – dies sind die Worte, mit denen die Band, durch einen seufzenden Streichersatz unterlegt, ihr Album eröffnet. Doch natürlich kommt alles anders, als man es nach dieser Overtüre erwarten würde. Ausgerechnet ein Song mit dem Titel „A Conversation About Cancer“ stellt sich als einer der beschwingtesten Songs des Albums heraus. „The East Coast“ endet nach unzähligen Richtungswechseln in einem Samba-Outro mit Blockflötenbegleitung, in „Clouds“ wird beherzt zur E-Gitarre gegriffen und „A Near Death Experience“ könnte ein Popsong aus den 60ern sein, wenn er nicht so unglaublich chaotisch und überdreht inszeniert wäre. Mit dem Titelsong bekommt man zum Ende des Albums hin dann doch noch einen Song vorgesetzt, den man am ehesten als einen klassischen Folksong bezeichnen könnte.

Bei dieser bunten Mischung verschiedener Stilrichtungen stellt sich die Frage, woher die musikalischen Einflüsse von The Daredevil Christopher Wright stammen. Die unkonventionelle Herangehensweise an die Musik ist wohl vor allem Jon Edgington zuzuschreiben, der klassischen Gesang studiert hat und einen ganz anderen Blickwinkel auf die Musik hat als die übrigen Bandmitglieder. Der Gesang ist ohnehin eines der zentralen musikalischen Ausdrucksmittel von The Daredevil Christopher Wright auf diesem Album. Was hier für Gesangsharmonien konstruiert und innnerhalb weniger Sekunden wieder über den Haufen geworfen werden, ist wirklich außergewöhnlich. Dass The Daredevil Christopher Wright nach dem zappeligen Anfang ihr Debütalbum mit einem solch nachdenklich stimmenden Song wie „The Stewardess“ ausklingen lassen, ist angesichts des Themas naheliegend. Auch wenn es im Mittelteil des Albums vielleicht doch etwas zu sehr drunter und drüber geht und zu viele gute Ideen auf zu engem Raum verwertet wurden, bilden Anfang und Ende doch einen nahezu perfekten Rahmen. „A million miles above the ocean / Come crashing down in slow motion / Angels took you home and Jesus took you home / I saw it all on the television” heißt es am Ende des Songs. Man ist selbst überrascht, wie gut das Album bei all den Wagnissen, die hier eingegangen werden, funktioniert. Sich diesen fiktiven draufgängerischen Charakter Christopher Wright, von dem im Titelsong die Rede ist, zum Vorbild zu nehmen, tut der Band sicher gut, auch wenn dessen Geschichte ein tragisches Ende nimmt. Also Vorsicht mit Album Nummer zwei, wer weiß, ob ein solch halsbrecherisches musikalisches Unterfangen, wie es hier praktiziert wird, noch einmal gut geht.

Kilian Braungart

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