Rezension

Teho Teardo & Blixa Bargeld

Still Smiling


Highlights: Nocturnalie // What If... // Konjunktiv II
Genre: Kammerpop
Sounds Like: Einstüzende Neubauten // Hitmans Heel // Broken Records

VÖ: 28.06.2013

Sucht man in Deutschland nach einem Pendant zum stets umtriebigen Mike Patton, kann es eigentlich nur einen geben: Blixa Bargeld. Mit Blick auf dessen Schaffenszeit und Karriere könnte man diesen Vergleich natürlich auch andersherum formulieren, die Kernaussage bleibt die gleiche: Die schiere Zahl an Aufnahmen, denen Bargeld seine Stimme lieh oder auf denen er in irgendeiner Form in Erscheinung trat, ist kaum überblickbar. Eines dieser Projekte, denen sich der hauptamtliche Einstürzende-Neubauten-Sänger widmet, ist die Kollaboration mit dem italienischen Musiker Teho Teardo.

Wie sehr man es auch als Gemeinschaftsarbeit mit hierzulande eher Unbekannten ansieht: allein durch die Stimme Bargelds schwebt auch über „Still Smiling“ die Frage, wie nahe an den Neubauten dieses Projekt angesiedelt ist. Nimmt man beispielsweise „Nocturnalie“, so drängt sich dieses als Fortsetzung von „Ich hatte ein Wort“ geradezu auf. Insofern dürfte es dem geneigten Neubautenfan aktueller Stunde auch recht schnell gelingen, dieses Album wertzuschätzen. Stücke wie „Konjunktiv II“, „Buntmetalldiebe“ oder „Axolotl“ überzeugen durch komplexe, bekannt außergewöhnliche Strukturen und die dazu passenden Texte und Intonierung Bargelds, die alltägliche Banalität gekonnt so klingen lässt, als sei ein großer Dichterfürst am Werke.

Einige wenige Ausreißer hat „Still Smiling“ dann aber doch, oder, um es besser zu sagen, Eigenheiten, die man sich eher auf einer Art Soloalbum umzusetzen traut denn auf einer Bandaufnahme. Das Cover „Alone With The Moon“ beispielsweise ist eine fürchtliche Kitschballade im Stile eines 1950er-Jahre-Films. Dazu ist das Album an vielen Stellen international gehalten, im Opener „Mi Scusi“ etwa versucht sich Bargeld abwechselnd in Deutsch, Englisch und Italienisch – und beweist einmal mehr, dass seine Stärke in der Muttersprache liegt.

Teardo und Bargeld, die Mischung aus Komponist klassischer Filmmusik und dem wohl nach wie vor textlich besten deutschen Musiker, bringen als Resultat ein Album hervor, das sich sehen lassen kann und als Bindeglied funktioniert – zwischen dem, was man erwartet und der Fokussierung auf den dunklen, ruhigen Sound von Gitarren, Cello, Violine und Glockenspiel.

Klaus Porst

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