Rezension

Switchblade

[2016]


Highlights: Third Burden // Death Walks Behind You
Genre: Doom Metal // Experimental // Progressive Rock
Sounds Like: Sunn O))) // Sleep // Candlemass

VÖ: 03.06.2016

Wenig, weniger, Switchblade: Wenn es um Minimalismus geht, macht den Schweden um Schlagzeuger Tim Bertilsson und Gitarrist Johan Folkesson so schnell niemand etwas vor. Seit mittlerweile 19 Jahren bringt das Duo im Verbund mit wechselnden Mitmusikern Alben auf den Markt, denen selbst ein eigener Titel schon zu viel Schnickschnack ist, weshalb alle „Switchblade“ heißen und auf dem Cover selten mehr als vier gedeckte Farbtöne nutzen. Musikalisch geht es kaum farbiger zu: Switchblades verschleppter Doom-Metal lotet in durchschnittlich zehnminütigen, vor tiefdröhnenden Riffs strotzenden Songs die Grenzen der Langsamkeit aus und liegt in seiner atmosphärischen Wirkung zumeist irgendwo zwischen Friedhofskapelle und Tropfsteinhöhle.

Bereits 2012 tat sich jedoch was im Sound: Mit Kongh-Sänger David Johansson, Katatonia-Stimme Jonas Renske und Per Wiberg (Ex-Opeth, Spiritual Beggars, Kamchatka) an der Hammond-Orgel holten sich Bertilsson und Folkesson Prominenz an Bord, die ihren Beerdigungsmetal ein wenig aus seiner Nische lockte und ihm vor allem dank Wibergs Orgel ein wenig mehr klangliche Vielfalt zugestand. „[2012]“ (irgendwie muss man die Alben ja auseinanderhalten...) war zwar nur für Switchblade-Verhältnisse zugänglicher; für eine Nominierung zum schwedischen Grammy und einen Vorband-Slot bei den Okkult-Rock-Superstars Ghost reichte es aber allemal. Langer Rede kurzer Sinn: „[2016]“ geht den eingeschlagenen Weg noch ein Stück weiter.

Zum einen sind Wiberg und Johansson wieder mit dabei; bereits im Opener wird zudem die wichtigste Änderung deutlich, die Switchblade ihrem Sound haben angedeihen lassen: Sie ziehen das Tempo an. Rangierten die Riffs auf „[2012]“ noch stellenweise auf dem jahrelang etablierten Lethargie-Niveau, kommt in „P.O.G.“ schon fast so etwas wie Groove auf. Das ist – gerade im Verbund mit Wibergs brüllendem Hölleninstrument – sicher nichts Schlechtes, aber nicht gerade das, was man von Switchblade erwarten würde. Mit zunehmender Spielzeit gewinnt der Sound aber an Reiz: „Third Burden“ holt zur Orgel noch ein wenig Rhodes-Piano und Mellotron dazu und schaukelt sich durch Schichtung immer weiterer Klänge zu einem apokalyptischen Brett aus Riffs, Gebrüll und Lärm auf, dem das flotte Tempo das letzte Quäntchen Druck mitgibt.

Der Coversong „Death Walks Behind You“ (im Original von den britischen Progrockern Atomic Rooster) am Ende der Tracklist führt alte Trademarks und neue Einflüsse zusammen: Klargesang und zügiger Metalgalopp im Schlagzeug offenbaren den Willen zur Erschließung neuer Gebiete, immer wieder eingefügte drastische Verlangsamungen und jam-artige Parts zeigen gleichzeitig, dass sich diese Band sehr wohl bewusst ist, wofür sie bisher vor allem stand. Gut so, denn auch wenn Switchblade sicherlich ihren Hörerkreis erweitern dürften, so birgt der Schwenk in Richtung „mehr“ auch die Gefahr, sie zu einer weiteren beliebigen Doom-Kapelle mutieren zu lassen. „[2016]“ entgeht ihr aber vorerst noch.

David Albus

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