Rezension

Strand Of Oaks

Heal


Highlights: Goshen '97 // Heal // JM
Genre: Rock // Rock’n’Roll // Pop
Sounds Like: Neil Young // Jason Molina // Bon Iver // Smashing Pumpkins

VÖ: 20.06.2014

Es ist schon fast normal für Timothy Showalter, den bärtigen Mann hinter "Strand Of Oaks“, dass er Musik aus schweren Lebenssituationen heraus schreibt. Begonnen hat alles mit seinem Debüt „Leave Ruin“ vor fünf Jahren. Damals kanalisierte er nach einem schweren Hausbrand und der Trennung von seiner Verlobten alles, was sich in ihm aufstaute, in seine Songs. Sein mittlerweile viertes Album „Heal“ war nicht nur ein kathartischer Akt für ihn, sondern widmet sich auch genau diesem Thema: der Kraft der Musik und wie sie unser Leben bereichert.

Während man Timothy Showalter von seinen früheren Alben eher als ruhigen Zeitgenossen kennt, verabschiedet er sich auf seinem neuen Album komplett vom klassischen Singer-Songwritertum. Es ist kein sanfter Heilungsprozess, den er auf „Heal“ durchläuft. Nach zwei Jahren auf Tour, die im Nachhinein wohl vor allem dazu dienten, sich nicht mit seinen Problemen auseinandersetzen zu müssen, entlud sich alles auf einen Schlag. All seine Selbstzweifel, seine Unzufriedenheit mit seinem Leben und seinen bisherigen Leistungen stecken in den 30 Songs, die er in den darauffolgenden drei Wochen schrieb und aus denen heraus sein neues Album entstand. Dass Timothy Showalter dazu noch auf dem Weg zum Mixing einen schweren Autounfall erlitt, erklärt zudem die Kompromisslosigkeit und Wildheit, die in „Heal“ steckt. Ecken und Kanten wurden hier nicht abgeschliffen, sondern werden bewusst zur Schau gestellt – die Gitarren müssen rau klingen, das Schlagzeug muss hämmern. Doch „Heal“ ist keine reine Rockplatte geworden. Wie auch auf den Vorgängern zeigt sich hier Showalters Hang zu Synthieklängen, was so weit führt, dass beispielsweise „Same Emotions“ schon deutlich näher beim Pop anzusiedeln ist als beim Rock. Allerdings fallen solche stilistischen Abweichungen nicht negativ auf, sondern stellen eher eine willkommene Abwechslung dar, da sie am Grundtenor des Albums nichts ändern. Auf „Heal“ geht es um wichtigere Dinge als um Genrefragen.

Auch wenn man gar nicht erst anfängt, seine Songs analysieren zu wollen, merkt man diesem Album einfach an, wie ernst es Timothy Showalter mit der Musik ist und wie viel er in diese Songs gesteckt hat. Eine zentrale Bedeutung kommt dabei dem daher auch in der Mitte des Albums platzierten „JM“ zu, das von Jason Molina handelt und davon, wie oft dessen Songs Timothy Showalter schon durch schwere Zeiten geholfen haben. Man fühlt sich an Neil Young erinnert, wenn sich nach dem ruhigen Intro die harte E-Gitarre zu Wort meldet und jeder neue Ton sich mit kompromissloser Härte weiter in die Wunde bohrt. Auch „Heal“ hat das Zeug dazu, nicht nur Showalter selbst, sondern auch seinen Hörern zu helfen, und das ist vielleicht die größte Leistung dieses Albums. So interessant die Entstehungsgeschichte von „Heal“ auch sein mag, spielt es letztlich keine Rolle, wer diese Musik geschrieben hat und weshalb. Man spielt sie ab und sie wirkt, sie löst etwas in einem aus – unmittelbar und direkt – und das fühlt sich einfach nur gut an.

Kilian Braungart

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