Rezension

Spaceman Spiff

Endlich Nichts


Highlights: Vorwärts Ist Keine Richtung // Bevor Der Konjunktiv Gewinnt // Nichtgeschwindigkeit
Genre: Singer/Songwriter
Sounds Like: ClickClickDecker // Gisbert Zu Knyphausen // Moritz Krämer

VÖ: 10.01.2014

Eigentlich könnte alles ganz einfach sein. Man hat doch eigentlich alles, was man braucht. Ein Dach überm Kopf, einen Job, Menschen, mit denen man gut auskommt. Eigentlich gibt es keinen Grund, sich zu beschweren. Eigentlich. Manchmal ist es schwer, sich einzugestehen, dass man allen Grund dazu hat, glücklich zu sein. Man sieht, was die anderen haben, was möglich wäre. Man fühlt sich vielleicht auch von der Hektik unserer Zeit überrannt. Oder man grübelt nach, ob es tatsächlich richtig war, den Studiengang zu wählen, für den man sich begeistern kann, für den die Jobaussichten nicht besonders rosig sind. Für all diese und viele andere Gefühlslagen findet Hannes Wittmer, der besser bekannt ist unter dem Namen Spaceman Spiff, genau die richtigen Worte: „All die fleißigen Gedanken richten mehr an / als sie begreifen können / Sie kochen über irgendwann.“ Er kennt auch Rezepte, wie man mit diesen nervigen Gedanken umgeht. Manchmal muss man die Dinge vielleicht nur aus einem anderen Blickwinkel sehen. Oder sich einfach mal klarmachen, dass man nicht alleine ist mit seinen Sorgen: „Und wenn morgen aus uns allen nichts geworden ist, / dann wird's wohl irgendwie so sein. / Meine Freunde und ich und ein paar andere / wenigstens sind wir nicht allein.“

Wie man sieht, hat sich also auf den ersten Blick nicht allzu viel bei Spaceman Spiff geändert. Auch sein drittes Album ist vollgepackt mit Texten zum Verlieben, die man sowohl an Häuserwände schmieren als auch in Aphorismensammlungen abdrucken will. Es sind Lieder über das Leben und die Probleme, die wir uns alle selber machen und von der Gesellschaft und anderen einreden lassen. Songs gegen die Verlorenheit, die man spürt, wenn man in einem Alter ist, in dem man von Rechts wegen als erwachsen gilt, aber trotzdem noch so komplett planlos und irgendwie verloren ist.

Also alles beim Alten? Nicht ganz. Seit dem umjubelten Vorgängeralbum „...Und Im Fenster Immer Noch Wetter“ gab es auch ein paar Veränderungen. Mittlerweile ist Spaceman Spiff beim Hamburger Label Grand Hotel Van Cleef untergekommen und hat sich für seine musikalischen Reisen ein paar Mitstreiter gesucht. Felix Weigt (Die Höchste Eisenbahn) und Jonny König (vor allem bekannt für „Stoiber On Drums“, seine Schlagzeugadaption der berühmt-berüchtigten Transrapid-Rede) unterstützen Spaceman Spiff mit Klavier, Schlagzeug, Percussions und Streichern und sorgen dafür, dass sich bei inhaltlicher Konsistenz die Grundstimmung der Lieder ein ganzes Stück verändert hat. Waren die Songs des Debütalbums im Prinzip noch vertonte Gedichte, bringen Weigt und König mehr Lebendigkeit in die Sache. Die Songs wirken dynamischer und pointierter. Und durch die Drums mogelt sich von Zeit zu Zeit sogar so etwas wie ein rockiger Unterton dazwischen. So klingt „Endlich Nichts“ facettenreich und trotzdem sehr stimmig. Hannes Wittmer gelingt es, über eine Dreiviertelstunde lang die Balance zwischen Melancholie, Pathos und leichter Euphorie zu halten. Denn von Zeit zu Zeit fällt einem ein, dass dieses ganze Leben eigentlich gar nicht so furchtbar kompliziert sein muss: „Dieser Nebel ist nur Milchglas / selbst der Ozean ist nur ein großer See.“

Lisa Dücker

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