Rezension

Solomon Burke

Nashville


Highlights: Valley Of Tears // Millionaire // Vicious Circle
Genre: Country
Sounds Like: Johnny Cash // Buddy Miller // Bruce Springsteen

VÖ: 06.10.2006

„Mit 66 Jahren fängt das Leben erst an“, singt Schlagernase Udo J. und hat damit wohl recht, zumindest wenn man Solomon Burkes aktuelles Album „Nashville“ anhört und sich Interviews mit ihm durchliest.

Der größenwahnsinnige Messias des Soul und des Rhythm’n’Blues bekam endlich die Gelegenheit, das zu machen, was er bereits 1960 angehen wollte. Glaubt man seinen Aussagen, war es damals sowohl politisch als auch marketingtechnisch kaum möglich, einen afroamerikanischen Künstler Country singen zu lassen. Also musste er bis ins 21te Jahrhundert warten.

Ob er – wie er im Gespräch mit Gaesteliste.de anmerkt – zukünftig wirklich ein Hardrock-, ein Klassik- oder ein Swingjazz-Album aufnehmen wird, kann wohl zurecht angezweifelt werden, aber sollte eines davon entstehen und so gut werden wie „Nashville“, wäre es eine echte Bereicherung der Musikwelt.

Großen Anteil an der phasenweise überwältigenden Qualität hat sicherlich Produzent und Mitmusiker Buddy Miller, der in alternativen Country-Kreisen wohl einen fast legendären Ruf besitzt. Jenseits vom konservativen Country-Mainstream beheimatet, ergibt die Verbindung von Miller und seinen langjährigen Mitmusikern zusammen mit Burke eine kongeniale Mischung, die verzaubert und auch Leute, denen sonst nur Johnny Cash – weil der ja cool ist – an Country ins Haus kommt, begeistert.

Die Qualität verdanken Songs wie „That’s How I Got To Memphis“ – der Opener –, „Valley Of Tears“ – im Duett mit Gillian Welch –, „Millionaire“, „Up To The Mountain“ – mit Patty Griffin - oder „Vicious Circle“ aber nicht nur der Produktion. Ihren besonderen Reiz macht sicherlich auch aus, dass Solomon Burke selbst im herkömmlichsten Country-Stück (z. B. „You’re The Kind Of Trouble“ mit Patty Loveless) seine rauchige Soul’n’Blues Stimme nicht abschalten kann. Die Stimme verschmilzt mit der Musik und erweicht uns spätestens im letzten Song, wenn sie klagt, dass der Sänger sich solange verlieben werde, bis er es richtig hinbekäme, denn Üben führe zur Perfektion – „’Til I Get It Right“.

Allerdings muss der Hörer schon kalt wie Stein sein, um so lange zu brauchen, um überzeugt zu werden. Eigentlich sollte nach dem Opener alles klar sein. Wirkt das alles übertrieben begeistert? Naja, vielleicht bin ich endlich in dem Alter angekommen, in dem man Country versteht. Wobei ich doch zugeben muss, dass je nach Stimmung immer nur jedes zweite, der vierzehn Stücke bis ins Herz berührt. Die eine Hälfte berührt den souligen Landarbeiter, die andere den verzogenen Cowboy im Saloon.

PS: Muss man eigentlich erwähnen, dass Emmylou Harris und Dolly Parton auch mitwirken? Und dass Burkes Stimme im Wechselspiel mit einer Duettpartnerin noch einmal gewinnt?

Oliver Bothe

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