Rezension
Snorri Helgason
Winter Sun
Highlights: Winter Sun #2 // The Butcher's Boy // 99 Songs
Genre: Singer-/Songwriter // Folk
Sounds Like: Bon Iver // John Lennon // Noah And The Whale
VÖ: 26.10.2012
Man kennt das: Man sitzt in der Schule oder in der Uni, es meldet sich der immer selbe Trottel, erzählt, was schon andere vor ihm angemerkt haben und das Einzige, was man denken kann, ist: „Du lebst anscheinend auch nach dem Prinzip 'Es ist zwar alles schon gesagt worden, aber noch nicht von jedem!'“ Ähnliches könnte einem durch den Kopf gehen, wenn man die aktuelle Hochkonjunktur des Singer-/Songwritergenres bemerkt: Hübsche wuschelhaarige Menschen, die mit Fragezeichen im Herzen und Weltschmerz im Gesicht bescheidene Musikstücke zum Besten geben.
Ja, Snorri Helgason ist einer von ihnen. Und: Ja, er kommt aus Island, dem Ort, an dem Fragezeichen und Weltschmerz offensichtlich sowieso am häufigsten vorkommen – neben Neuseeland natürlich.
Dennoch ist Helgasons zweites englischsprachiges Album „Winter Sun“ nicht einfach eine weitere „Weltumarmer-Platte“, auch wenn sein Langspieler recht typisch losgeht: Sachtes Gitarrenpicking, behutsame Stimme, ruhige Momente. Nein, bereits mit „Julie“ und erst recht mit „Boredom“ zeigt uns Helgason seine süffisant-elegante Seite, schwenkt dann wieder um, spielt uns mit Mundharmonika, zurückhaltendem Klavier und hübschen Worten vor, wie er die aufgehende Wintersonne klingen lassen würde („Winter Sun #2) und demonstriert gegen Ende seiner Platte, dass er auch traditionellen Country und Storytelling kann. Der Abschluss kommt dann mit einer beschwerteren Version der ersten Ode an die Wintersonne und geht ruhig, traurig und abgeklärt zu Ende („Winter Sun #1).
Helgason hat sich auf dieser Platte klangvoll ausgelebt, er präsentiert spannend nuancierte Songs, die gehaltvoll ausgearbeitet sind. Er spielt mit Hintergrundchören, verschiedenen Instrumentierungen und wandelt auf ganz eigene Art und Weise auf den Spuren John Lennons, was besonders Helgasons unausgeschlafener, unaufgeregter Stimme zuzuschreiben ist.
Seine Haare hat sich Helgason übrigens abgeschnitten, weshalb er gar nicht komplett ins Klischee passt – und so, wie die Songs und Geschichten hier von Helgason vorgetragen wurden, sind sie bis zuletzt hörenswert, auch wenn sie möglicherweise schon einmal von jemand anderem erzählt wurden!
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