Rezension

Sia

1000 Forms Of Fear


Highlights: Chandelier // Big Girls Cry // Free The Animal // Fire Meet Gasoline
Genre: Pop
Sounds Like: Fiona Apple // Emiliana Torrini

VÖ: 04.07.2014

Viel ist geschehen, seit Sia 2010 ihr letztes Soloalbum „We Are Born“ veröffentlichte. Ärztliche Fehldiagnosen und berufliche Misserfolge trieben sie in die Sucht, die sich letztendlich in dem akuten Willen, ihrem Leben ein Ende zu setzen, zuspitzte. Die Karriere wurde für beendet erklärt und Sia beschloss, von nun an hinter den Kulissen, als Songschreiberin für die Größen des Popbusiness, tätig zu sein. Sie schrieb Hits für Rihanna und Beyonce, kehrte in einer Songwriting-Session Britney Spears persönliche Seite nach außen und fand sich, ohne ihr Wissen, auf David Guettas „Titanium“ wieder.

Wahrhaftig ist viel geschehen. Wahrhaftig hat sich Sia gewandelt. Doch wenn „1000 Forms Of Fear“ eines verdeutlicht, dann, dass sie ihrer eigenen Musik immer treu bleibt.

Immer noch singt Sia mit großer Kraft gegen schnelle, synthetische Rhythmen an. Immer noch die vielen, kleinen, traurigen Geschichten; immer noch die etwas grobe Produktion. Immer noch alles voller Gefühl; immer noch wunderbar.

Sei es das Jonglieren der Stimme in „Chandelier“ oder die eiskalte Ehrlichkeit in „Eye Of The Needle“; sei es das Gefühl von Freiheit in „Free The Animal“, das jede Zelle des Körpers durchfährt und einem die Kraft gibt, auf den höchsten Berg seiner Stadt zu klettern und die Botschaft in die Welt zu rufen: „Emancipate me! Free the animal, Free the animal!“; oder sei es schlicht die zuckersüße Ironie, die Songs wie „Fair Game“ durchzieht – Sia hat es verstanden zu unterhalten, zu begeistern, zu bewegen.

Die Instrumentierung als eigentliche Grundlage eines Stückes gerät dabei vollkommen in den Hintergrund. Nur in kurzen Sequenzen gewinnt mal eine Glockenmelodie die Oberhand und entführt uns in dramatische Welten. Doch dauert es nicht lang, bis der Gesang wieder seine dominante Position einnimmt. Ebendiese Dominanz der Stimme ist es, die uns eine Reise durch diverse Spektren der Musik ermöglicht – von Indie-Rock zum puren Pop über die klassische Piano-Ballade zum Trip-Hop-Beat –, ohne dabei ein Gefühl von Zusammenhanglosigkeit aufkommen zu lassen.

So hat es Sia wieder einmal geschafft. Sie bringt uns zum Lachen, Weinen und vor allem zum Staunen. Sie fasziniert uns, und wir wollen mehr. Doch wendet sie uns buchstäblich den Rücken zu, verdeckt ihr Gesicht und hat bestimmt bereits die nächste Melodie auf den Lippen, die sich bald in unseren grauen Zellen einnisten und uns bis aufs Letzte einnehmen wird.

Jonas Gödde

Sehen


"Big Girls Cry" Live

Hören


"Chandelier" im Stream

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!