Perry Farrell ist zurück! Perry Farrell? Nein, das ist nicht der, der in "Minority Report" und "Phone Booth" mitgespielt hat - das ist Colin Farrell. Nein, auch nicht der, nach dem diese Science-Fiction-Serie benannt ist - das ist Perry Rhodan. Keine weiteren Vorschläge, lieber Leser? Dann hast du eventuell das gleiche Problem wie ich, als junges Gemüse Anfang 20: Farrells ehemalige Band "Jane's Addiction" sagt dir vielleicht nur vom Namen was (meinetwegen auch in Verbindung mit der Auszeichnung "Pioniere des Alternative Rock"), "Porno for Pyros" ebenso. Ende der 80er, als Farrell seine musikalischen Glanztaten vollbrachte, waren wir grade in dem Alter, in dem man seine Benjamin-Blümchen- gegen David-Hasselhoff-Kassetten eintauscht. Insofern ist es wohl verständlich, dass uns angesichts der Nachricht "Perry Farrell ist zurück, und er hat sein neues Projekt "Satellite Party" mitgebracht!" nicht augenblicklich der Schweiß der aufgeregten Vorfreude von der Stirn rinnt, sondern wir schauen, ob dieser Farrell seinen tollen Ruf auch verdient hat. ON, EJECT, CD rein, EJECT, PLAY.

Knapp 20 Minuten später, die ersten fünf Songs - und damit die eine Hälfte der CD - sind angehört und verarbeitet. Erster Eindruck: Scheißdiewandan, das ist FUNKY. Fetter Bass, treibende Drums, wuau-wuau-wuaende Gitarren überall, Refrains voller "Oooooooohs", Party und Hedonismus als deutlichstes textliches Leitmotiv: "Get your groove on, new shiny shoes on!" Der perfekte Soundtrack, um die Sonnenbrille aufzusetzen, sich ein Cabrio zu klauen und nach Laguna Beach (oder wahlweise, bei geographischen Problemen, an die Mecklenburger Seenplatte) zu heizen? Damn Right! Die bestmögliche musikalische Untermalung, um Sonntag abends in der Szenedisse der aufgedonnerten Friseuse mal zu zeigen, wo der Tanzhammer so hängt? You bet!

Sehr schnell macht sich ein Gedanke breit: Ja, diese CD ist wirklich funky. Das sind Pimps mit lila Mänteln, dicken Goldketten und Federhüten aber irgendwie auch. Wer den Berg der Coolness immer weiter hinaufklettern will, fällt irgendwann, wenn er oben angekommen ist, vornüber und landet im dunklen Tal der Peinlichkeit.

Gut für Satellite Party also, dass der Rest der Platte beinahe komplett mit dem Schema der ersten fünf Songs bricht. Abwechslung kann ja schließlich nie schaden. Sollte man meinen. Leider kann sie es nämlich doch, wenn sie sich in wirklich nicht gelungenen Stücken, wie "Awesome" und "Mr. Sunshine", manifestiert. Ersteres ist entweder ein unglaublich intelligenter Song, der gekonnt textliche und musikalische Eigenheiten des Pop-Lovesongs auf die Spitze treibt und dadurch kontemporäre Hörgewohnheiten an sich in Frage stellt, oder - und das ist leider sehr viel wahrscheinlicher - eine schlicht und einfach wahnsinnig schmierige Ballade. Bezüglich "Mr. Sunshine" bleibt nur zu sagen: Hey, wer Pornogesang à la "Daddy Cool" toll findet, mag dieses Lied wahrscheinlich auch. Durch "Insanity Rains" und "Ultra Payloaded Satellite Party", zwei relativ simple, aber dennoch gelungene Rockklopper, wird der Abwärtstrend des Albums kurz gestoppt, bevor dieses in "Woman In The Window" sein Ende findet. Dieses ist zumindest ein relativ stimmiger, da relaxter Ausklang einer durchwachsenen Platte und kann außerdem mit einer tollen, bisher unveröffentlichten Gesangsspur Jim Morrisons aufwarten.

So schaut also das erste Lebenszeichen des Herrn Farrell nach drei Jahren und der letzten Jane's-Addiction-Reunion aus: Teils Funky Shit zwischen gut und grässlich, teils wilder Genre-Mix, der sich qualitativ ebenfalls zwischen sämtliche Sitzmöbel platziert. Alte Großtaten in allen Ehren, aber sich mit Satellite Party im neuen Jahrtausend eine ähnliche Reputation zu erarbeiten, wie einst mit Jane's Addiction, wird so eher schwierig.

Jan Martens

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