Rezension

Regina Spektor

Far


Highlights: Eet // Blue Lips // Laughing With
Genre: Anti-Folk-Pop
Sounds Like: Amanda Palmer // Fiona Apple // Kate Nash // Ben Folds // Tori Amos

VÖ: 26.06.2009

Achtung, Achtung: Vor Lektüre folgender Rezension sollten sämtliche gewöhnlichen Stereotypen nach dem Muster „Aus Land A kommt Musikrichtung B“ bitte schleunigst eingestellt werden. Man kennt das eventuell: Aus Island erwartet man nichts anderes als verträumte Elfenmusik, in Finnland wird aus Prinzip nur grobschlächtiger Death Metal produziert und die Russen....Ja, was ist eigentlich mit den Russen?

Keine Ahnung, was man genau musikalisch von Musikern russischer Herkunft erwartet, doch eventuell nicht gerade Anti-Folk – was man darunter auch verstehen will. Schließlich weiß jeder, dass Ivan und Olga Normalrusse weder witzig noch gefühlvoll genug für diese Musik ist, sondern lieber eiskalt Schachweltmeister wird und die Welt des James Bond mit Atomraketen bedroht. Wenn das wahr sein sollte, könnte es nur einen Grund geben, weswegen Regina Spektor das vielleicht tollste Album dieses Genres im Jahre 2009 geschrieben hat: Ihre frühzeitige Emigration nach New York.

Zugegeben, die Tochter eines Geigers und einer Musikprofessorin zu sein, mag in diesem Zusammenhang auch nicht schaden, doch vor allem New York hat Spector zu der gemacht, die sie heute ist: Klassisches Klavier an der Manhattan School Of Music gelernt, von den ebenfalls aus dem Big Apple stammenden Strokes mit auf Tour genommen – ein Weg, der schließlich mit Goldplatten für ihr letztes Album „Begin To Hope“ seinen Höhepunkt fand.

Neben dem Russen-Stereotyp sollte nun jedoch ebenfalls die Vermutung abgelegt werden, dass eine Interpretin nach einem Gold-Album nun wirklich alles daran setzen würde, um mit dem Folgewerk die obersten Chartsplätze zu stürmen. Natürlich: Auch „Far“ ist eigentlich wieder mehr ein Pop-Album als alles andere, und doch hat es wieder mehr Ecken und Kanten als noch „Begin To Hope“. Das Klavierspiel Spektors spielt natürlich wieder die erste Geige (No Pun Intended), wird durch Drums, Streicher und (auf „Two Birds“) gar durch eine Tuba unterstützt, doch schien Moll für Spektor wieder beliebter zu sein als noch auf dem Vorgänger, wo das bevorzugte Tongeschlecht eindeutig Dur war – man nehme Songs wie „Machine“ oder das fantastische „Blue Lips“, dem auf „Begin To Hope“ nur „Après Moi“, ihr vielleicht bisher bester Song überhaupt, gegenüberstand.

Natürlich soll dies nicht verhehlen, dass die Highlights auf „Far“ immer noch die eingängigen Popstücke sind, von denen mit „Eet“ und „Dance Anthem Of The 80s“ hier nur zwei genannt werden sollen. Und doch bleiben andere Lieder wie die kleine Geschichte „Wallet“ oder „Laughing With“, Spektors wunderschöne Auseinandersetzung mit Gott, die eben für jegliches Airplay ungeeignet wären und die wohl kaum eine andere Frau mit Klavier so hinbekommen hätte. Anti-Folk-Pop oder was auch immer hat in Regina Spektor seine Meisterin – die Russen können eben doch nicht nur Schach spielen.

Jan Martens

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