Rezension

Ratking

So It Goes


Highlights: Canal // Snow Beach // So It Goes
Genre: Hip Hop
Sounds Like: Run The Jewels // Aesop Rock // Death Grips

VÖ: 04.04.2014

Wirklich weg war sie natürlich nie, die Stadt, die nie schläft. Sicher, in letzter Zeit hat es die Hip-Hop-Welt in den Dirty South verschlagen: Auf glühend heiße Verandas, zu Zeitlupenbeats ein Fläschchen Sizzurp schlürfend. New York hingegen, immerhin die geistige Wiege des Rap, brachte ihre Musik dorthin zurück, wo sie herkam und hingehört: in zwielichtige Gassen und auf dunkle Hinterhöfe, um an Beats zu basteln, an Reimen zu feilen und Kadenzen zu glätten. Um abzuwarten, sich zu sammeln und zum richtigen Moment zurückzuschlagen.

Dass dieser Moment kommen würde, war nur eine Frage der Zeit. Von der Harlem Renaissance des A$ap Mob über die pillenschluckende Freakshow Flatbush Zombies bis hin zu den Fressflashs und abstrusen Sexfantasien des dauerbreiten Action Bronson: Der oft als hart und humorlos verschriene New Yorker Rap ist in einer beeindruckenden Vielfalt zurück. XL Recordings, durchaus mit unkonventionellem und progressivem Hip Hop vertraut, schicken nun Ratking ins Rennen.

Das Debüt „So It Goes“ ist dabei gleichzeitig das typischste und untypischste Album, welches zu dieser Zeit aus dem Big Apple kommen könnte. Untypisch, weil auf der erfrischend klapprigen Gästeliste keiner der üblichen Verdächtigen das Mikro übernimmt. Anstelle die hippen jungen Wilden aus New York zum Doubletime zu bitten, laden Ratking King Krule, Wavy Spice und Salomon Faye und demonstrieren damit Außenseiterstatus. Trotzdem bleibt das Album ein Produkt seines geographischen Umfelds: Wie auf dem Cover wird hier ein verschrobenes, durchaus geschichtsbewusstes New-York-Bild entworfen. „So It Goes“ bleibt stets in der reichen, musikalisch progressiven Tradition der Stadt verankert. So wird Definite Jux mit trockenen Beats wie auf „Canal“ zitiert, während „Snow Beach“ einen eingängigen Refrain über kalten Jazz legt. Auch Schrulligkeiten wie „Puerto Rican Judo“ oder das nervtötende „Protein“ passen zum kakophonischen Großstadtlärm. Eine B-Boy-Bouillabaisse für die Gegenwart.

Aufgrund der energischen Liveshows fällt häufig der Begriff Punk. Dabei spielen Ratking glücklicherweise nie den kätzchenvernarrten ADHS-Zirkus von Odd Future auf. Punk bezieht sich hier eher auf das Missachten musikalischer Scheuklappen, wie es auch schon Death Grips vorgelebt haben. Rap? Punk? No Wave? Scheißegal.

Natürlich, irgendwie ist dieses Debüt dann trotz aller Experimentierfreudigkeit in der Tradition verankert. Auch wenn sie jetzt noch keine Könige sind: Auf diese Rattenkinder sollte man achtgeben. „So It Goes“? Zeitlos gut.

Yves Weber

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