Rezension

PVT

Homosapien


Highlights: Shiver // Cold Romance // Casual Success
Genre: Synthie-Pop // Elektro // Post-Rock // Shoegaze
Sounds Like: Battles // Ratatat // Midnight Juggernauts // The Flaming Lips // Depeche Mode // M83 // Twin Shadow // Archive // Portishead

VÖ: 15.02.2013

Früher unvorstellbar, aber in Zeiten des Internets möglich: interkontinentale Bands. Zwar kommen ursprünglich alle drei Bandmitglieder von PVT aus Australien, jedoch wohnt Sänger Richard Pike mittlerweile in London, so dass sich das Trio vornehmlich nur zum Touren zusammenfindet – und ausnahmsweise auch mal, um die Songs für ihr neues Album "Homosapien" zu schreiben. Als einzige Vertreter ihrer Spezies weit und breit schlossen sich die Australier in einer alten Schaffarm im Outback ein, und die Atmosphäre dieses von jeder Zivilisation verlassenen Ortes schimmert im Ergebnis auch deutlich durch.

Nach wie vor mischen PVT Elektro, Shoegaze und Post-Rock, bekommen am Schluss doch astreinen Pop dabei raus. Der Sound des Trios präsentiert sich vielschichtig und wird von den antiquiert anmutenden Synthies in ein kaltes, blaues Licht getaucht, ist aber dennoch nahezu nie unzugänglich. Der Opener "Shiver" beispielsweise gehört zu den traumhaftesten Songs des noch jungen Jahres. Kraftwerk-Gedächtnissynthies umspielen sanft Richard Pikes künstlich gedämpfte und verwaschene Stimme. Mit einfachen Mitteln wird hier das Maximum an Atmosphäre herausgeholt. "Evolution" hingegen könnte man eher als Mischung zwischen Depeche Mode und den ebenfalls aus Down Under stammenden Midnight Juggernauts bezeichnen.

Das von Kollege Oliver Bothe in der Rezension zum Vorgänger "Church With No Magic" angesprochene Problem, dass die Songs zwar rational begeistern können, den Hörer auf emotionaler Ebene jedoch kalt lassen, stellt sich beim Rezensenten hier nicht ein. Höchstens auf einzelne Songs wie "Electric" bezogen trifft dies zu, denn der ist schon arg düster und distanziert geraten. Die völlige Teilnahmslosigkeit in Richard Pikes Stimme an dieser Stelle macht es dem Konsumenten auch nicht wirklich leichter. Zum Glück stecken in der Platte aber ansonsten mehr Substanz und Atmosphäre. Und das nicht nur, wenn die Synthies verschiedener Couleur das Kommando übernehmen, sondern auch, wenn in der zweiten Albumhälfte den Rock-Elementen nach und nach die dominante Rolle zuteil wird (was insbesondere in "Homosapien" und "Casual Success" der Fall ist).

PVT sind als Band über die Zeit gereift und präsentieren sich auf "Homosapien" sowohl instrumentell als auch stimmlich sehr vielseitig. Phasen des Stillstandes sind selten und lassen sich verschmerzen. Dass das Album weniger experimentell ist als seine Vorgänger: ebenfalls geschenkt. Die richtige Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine scheint gefunden zu sein.

Johannes Neuhauser

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"Evolution" auf Soundcloud
"Shiver" auf Soundcloud
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