Rezension

Puts Marie

Dandy Riot


Highlights: Mary-Ann Finn // Don't Wanna Be // Go To Hel
Genre: Folkrock // Akustik-Punk
Sounds Like: Violentes Femmes // Mardi Gras BB

VÖ: 30.03.2007

Käse. Schokolade. Nummernkonto. Billigbenzin. Toleranz. Berge. Heidi. Kühe. Fondue. Skifahren. Wandern. Ricola. Gemütlichkeit. Idyllische Bergseen. Wilhelm Tell. Neutralität.

Wer an die Schweiz denkt, dem fallen jede Menge typische Klischees ein, die das Alpenland bestens umreißen. An die musikalische Seite des Landes denkt in der Regel kaum jemand. Und wenn, dann reicht der Horizont oftmals lediglich vom Alphorn bis hin zu DJ Bobo. Dabei sollte man sich dringend einmal mehr damit beschäftigen, was im Untergrund des Alpenstaates passiert. Bestes Beispiel: „Puts Marie“. Ihre Diskographie reicht bereits bis ins Jahr 2001 zurück, groß aufgefallen sind sie bisher kaum – und das trotz engagierter Tourneen in den letzten beiden Jahren. Nun sind die Jungs aus dem zweisprachigen (Deutsch und Französisch) Biel auf dem Frankfurter Multi-Kulti-Label „Hazelwood Vinyl Plastics“ gelandet. Und mit dem neuen Output „Dandy Riot“ haben sie eine Scheibe im Gepäck, die aufhorchen lässt.

Die Stärke von „Dandy Riot“ ist zugleich die Schwäche: „Puts Marie“ geben sich extrem unkonventionell und vermischen die verschiedensten Musikstile miteinander. Das gefällt nicht jedem. Wer sich darauf einlassen kann, der wird mit mitreißender Spielfreude der Protagonisten belohnt. So vereinen sich ausgeflippter Akustik-Punk („Camping Car“) mit groovigen Rock mit Bläsereinschlag („Happy Game“) und Jazz („Rain“) auf „Dandy riot“. Ihr Gespür für weird-relaxte Balladen spiegelt sich in „Chinese Breakfast“ und dem mit Eunuchen-Stimme vorgetragenen „Brush Air“, welches im Noiserock endet, wieder. Langsam groovend präsentiert sich „Mary-Ann Finn“, während der Blues-Rock in „Classic Beaver“ dominiert. „Don't wanna be“ schlägt in die selbe Kerbe und das von der Orgel getriebene „No Way Out“ zieht das Tempo auf dem Album etwas an. Schließlich erhält auch der Punk noch seine Heimat in dem Polka-Pogo von „Go To Hell“. Das klingt wild, und das ist es auch.

„Puts Marie“ bestechen durch Unbekümmertheit und musikalische Offenheit. Bei ihnen treffen softe Melodien und zuckersüße Refrains auf einen schmutzigen Sound, der seine Heimat in der Garage und rauchigen Musikkneipen hat, aber doch extreme Harmonie ausstrahlt. „Dandy Riot“ ist ein Musterbeispiel an musikalischer Unbeständigkeit. Und das ist in diesem Falle äußerst positiv.

Joachim Frommherz

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