Rezension
PS I Love You
Death Dreams
Highlights: Sentimental Dishes // Don't Go // Future Dontcare
Genre: Garage Rock
Sounds Like: Japandroids // Sonic Youth // Dinosaur Jr.
VÖ: 27.07.2012
Nomen est omen, sagt man ja bekanntlich so schön und zieht daher gerne mal voreilige Schlüsse, die sich immer wieder rächen. Wer beispielsweise hinter dem so suggestiven Bandnamen PS I Love You sehnsuchtsvolle Lovesongs vermutet, erlebt beim arglosen Hineinhorchen in das musikalische Werk des kanadischen Duos ein blaues Wunder. Denn auch wenn ihr zweites Album (mit dem wesentlich näher an der Wahrheit liegenden Titel „Death Dreams“) noch mit einem vergleichsweise harmlosen, von zögerlich zischenden Becken und behaglichen Gitarrenriffs geprägten Instrumental-Intro loslegt, überrennt einen das darauffolgende „Sentimental Dishes“ förmlich – mit ballernden Drums, aufheulenden E-Gitarren und einem höllisch fetzenden Refrain („I don’t wanna do the dishes / You don’t wanna do the dishes / They don’t wanna do the dishes”), der eindeutig mehr zum Mitgröhlen als zum romantischen Träumen animiert.
Entgegen der vermeintlich ersten Assoziation machen PS I Love You also keinen melodramatischen Kuschelrock, wie man ihn sicherlich auf dem Soundtrack zur gleichnamigen Hollywoodschnulze findet, sondern vielmehr das absolute Gegenteil von dem, was Musikfans heutzutage gemeinhin als Kopfhörermusik bezeichnen: astreinen Noise-Rock, bei dem das Dröhnen und Vibrieren der eigenen Lautsprecherboxen fast schon zum Sound dazugehört. Dabei erinnert die Art und Weise, wie Frontman Paul Saulnier gegen all den eigens geschaffenen Gitarrenlärm anzukreischen versucht, während seine Stimme sich immer wieder überschlägt, bisweilen derart frappierend an Landsmann Spencer Krug, dass man sich zwangsläufig fragen muss, ob der Sänger von Wolf Parade und Sunset Rubdown etwa schon wieder eine neue Band gegründet hat. (Hat er, aber die heißt Moonface.)
In Songs wie „Toronto“ oder dem hart nach vorne preschenden „Princess Towers“ praktiziert Saulnier wiederum genau das, was seinen besser bekannten Kollegen von den Japandroids bereits weltweit reichlich Kritikerlorbeeren einbrachte: schnelle, heftige kleine Garage-Rock-Perlen, zu denen es sich ganz vorzüglich headbangen lässt. Schon das Debüt, „Meet You At The Muster Station“, strotzte nur so von solchen Anheizern. Auf dem von Albträumen inspirierten Nachfolger greift Saulnier nun aber auch immer wieder zu komplexeren Songstrukturen, gibt Songs wie dem schwelgerischen „Future Dontcare“ mehr Raum zum Atmen und nimmt sich im Allgemeinen mehr Zeit – für kleine Spielereien, Breaks und epische Gitarrensolos. Das mischt gehörig auf und bringt willkommene Abwechslung. Allein der wundervoll fließende Übergang von durchdringender Noise-Passage zu versöhnlichem Handclap-Outro im von mysteriösem Sirenengesang heimgesuchten „Don’t Go“ zeugt von einem ausgesprochen delikaten Sinn für Dramaturgie, den man beim Vorgänger noch nicht wirklich erahnen konnte.
Das vielleicht Bemerkenswerteste an „Death Dreams“ ist jedoch, dass selbst jemand, der Musik der etwas sanfteren Gangart bevorzugt oder den das Album einfach nur auf dem falschen Fuß erwischt, unter all dem Noise und gellenden Gesang begraben, unwiderstehliche Hooks und Melodien schlummern hört, die sich mit jedem Durchgang tiefer ins musikalische Gedächtnis brennen. Man muss einfach nur laut genug aufdrehen.
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