Rezension

Pink Mountaintops

Outside Love


Highlights: The Gayest Of Sunbeams // Vampire
Genre: Weltverbesserungsmusik
Sounds Like: Black Mountain // Jefferson Airplane // The Mamas & The Papas // Joan Baez

VÖ: 08.05.2009

Finanzkrise, virtuelles Leben und Arbeiten; Studienende mit 22, danach sofort Karriere oder auf ewig Generation Praktikum, Zwänge, Überwachung, Freiheitsverlust allenthalben; der durchgeplante Lebenszyklus – die heutige Zeit kann schon sehr anstrengend sein. Zeit zur freien Entfaltung von körperlichen und geistigen Interessen? Fehlanzeige. Früher war ja alles besser, hallt es unisono von konservativ bis links. Auch die Alt-69er erleben derzeit ein beachtliches Revival, meist von jenen, für die ein einziges Event die blumig verklärte Lebenssicht darstellt: Woodstock. Ein Festival als Lebensinhalt, warum nicht? Und da es immer mehr Menschen gibt, die immer weniger Bands von damals hören können, erlebt das gemeine Hippietum nun auch im neuen Jahrtausend wieder Aufwind. Warum also nicht den Lebensunterhalt mit der Erschaffung von Weltverbesserungsmusik verdienen? Von irgendetwas muss man ja auch als Hippie seinen Bio-Vegan-Einkauf vom speziellen Bauernhof bezahlen, weil man heutzutage nicht mehr in einer selbstverwalteten Kommune leben kann. Zum einen mag das durch die Verstädterung der Gesellschaft bedingt sein, womöglich aber auch dadruch, dass zehn abgeschottete Veganer auf dem Bauernhof als Gruppe kaum das Bekehrpotential einer zukünftigen Massenbewegung hat, zu der sich so manche Ökosekte gern hochstilisiert. Möglicherweise mag einem das als Anprangerung von Klischees vorkommen, spiegelt aber genau das wieder, was uns die Pink Mountaintops auf „Outside Love“ zum gemeinsamen Gemüsesalatessen am Lagerfeuer präsentieren.

Klar, Themen wie freie Liebe, familiäres Miteinander, Entspannung, Ruhe, Besinnlichkeit und Rückkehr zur Natur mögen angesichts eingangs erwähnter Lebensumstände als ein reizvoller Gegenentwurf erscheinen, der den Mensch wieder zum Menschen werden lässt und nicht nur zur funktionierenden Maschine. Allerdings sollte man sich fragen, ob eine derartige Ausblendung der Realität schon mittels Tamburinschütteln (beispielsweise „Holiday“, „Closer To Heaven“) allein oder unter Einfluss von Drogen erreicht werden kann. Textlich erscheint letzteres naheliegender: „Everyone I love deserves a holiday in the sun […] run away to the milky way […] to reach for the stars”. Die Pink Mountaintops sind sich wirklich für kein noch so ausgeleiertes Klischee und keinen bereits vor 40 Jahren ausgetretenen musikalischen Pfad zu schade, so dass „Outside Love“ über lange Strecken ziemlich altbacken, langweilig und eingemottet klingt. „And I Thank You“, eine schmalzige Countryballade, kann sogar richtig nerven . Am Gesamteindruck ändern auch die beiden guten Stücke „Vampire“ und „The Gayest Of Sunbeams“ nichts, denen man anmerkt, dass Pink Mountaintops aus den gleichen Musikern besteht, wie Black Mountain.

Nein, im Chor dem Sonnenuntergang Lieder über die Liebe von allen zu allen darzubieten, mag auf einem Festival mal ganz unterhaltsam sein, aber als Lebenseinstellung hat sich derlei mittlerweile überlebt, was auch auf Platten wie „Ouside Love“ zutrifft - einfach zu vorhersehbar, abgedroschen und – wer hätte dies 1969 gedacht – zu konservativ.

Klaus Porst

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