Rezension
Pig Destroyer
Book Burner
Highlights: Sis // Eve // Baltimore Strangler // Burning Palm
Genre: Grindcore
Sounds Like: Agoraphobic Nosebleed // Converge // Cephalic Carnage // Brutal Truth
VÖ: 12.11.2012
Auf der Weide blühen Tulpen, die Sonne lacht vom Himmel. Links surren Bienen aus ihrem Stock an der alten Holzhütte. Hinten plätschert ein Bächlein vor dem Waldstück. Ein Lamm benetzt behutsam seine Zunge mit Wasser. Rechts hoppelt ein Rehkitz durchs Bild, eine Kuh kaut in Zeitlupe auf einem Stück Gras. Schön, oder? So. Und jetzt Sprung in der Zeit nach vorn: Ein Minotaurus, in allen acht Händen blutige Beile, schnaubt vor Wut. Die Hütte hat er zertrümmert, alle Tiere geschlachtet, die Blumen zertrampelt. Und der Bach? Ist voller dunklem Öl. Der Wald brennt lichterloh.
War jetzt gemein, ne? Aber auch nötig. Denn nach diesem Prinzip funktioniert "Book Burner" von Pig Destroyer. Zu schreiben, wie es derzeit praktisch jeder tut, dass diese Kaputten den Soundtrack für einen Metzger beim Amoklauf liefern, ist zu einfach. Und nur die halbe Wahrheit. Denn diese gestörte halbe Stunde Musik ist viel fieser. Viel, viel fieser.
Nett war diese Band eh noch nie. Ist jetzt auch nicht gerade Markenzeichen im Grindcore. Aber so brutal wie auf ihrem fünften Werk schlachteten sich Pig Destroyer noch nie bis zu den Eingeweiden durch. In nur 32 Sekunden verstümmelt "The Underground Man" alles Leben. Und dann noch diese Dynamik. Natürlich nageln dir diese Vier hyperaktive Blast-Beats an die Stirn – aber ab und an grätschen wie in "Baltimore Strangler" Grooves dazwischen. Ja, Grooves! Zum Mitnicken und so. Regelmäßig kommen die aber nicht – und das macht's spannend. Klar sein sollte: Wer sich hierauf einlässt, kriegt 19 Songs lang richtig auf die Fresse.
Und doch sind Pig Destroyer keine stumpfen Bollos. "Book Burner" trägt nicht umsonst seinen provokanten Titel. Stichwort: Konzeptalbum. Frontkotzbrocken JR Hayes lehnt die Texte dieses gestörten Trips an eine eigens verfasste Kurzgeschichte an. In der wird ein Pastor zum Diktator, unterjocht die USA. Der Hauptcharakter – ein Atheist – kämpft um sein Leben. Dystopisch, apokalyptisch, religionskritisch – wie sich das im Metal halt gehört. Die Geschichte liegt der Deluxe Edition dieser Platte bei. Aber auch hier ist sie nachzulesen.
Härte mit Hirn – hier klappt's. 2012 sägte niemand so schön und präzise wie Pig Destroyer die Kniescheiben weg. Und das alles kurioserweise ohne Bass. Dass das nicht stört, ist der bestialischen, aber zugleich glasklaren Produktion zu verdanken. Und Gitarrist Scott Hull, der festigt seinen Status als Pionier in Sachen Metal. "Book Burner" – was für ein böses Brett, was für eine herrliche halbe Stunde Tod und Hass. Auf die Weide gehen kann man danach immer noch.
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