Rezension

Owen Pallett

Heartland


Highlights: Keep The Dog Quiet // Lewis Takes Off His Shirt // Flare Gun // E Is For Estranged
Genre: Art Pop // Indie
Sounds Like: Patrick Wolf // Antony & The Johnsons // Joanna Newsom // Andrew Bird

VÖ: 22.01.2010

Da Owen Pallett mit Album Nummer drei jetzt auch in Japan Fuß fassen will, muss er notgedrungen seinen Alter Ego Final Fantasy ablegen. Wenn es um die erfolgreichste Videospielreihe aller Zeiten geht, verstehen die Asiaten nun mal keinen Spaß. Aber immerhin muss man jetzt bei Owen Pallett nicht mehr notgedrungen an Schwert schwingende Mangafigürchen denken und der Wechsel zum richtigen Namen hätte auch zu keinem besseren Zeitpunkt stattfinden können.

„Heartland“ sollte nämlich dem letzten Zweifler klar machen, dass Owen Pallett ein musikalisches Genie ist, und die komponieren bekanntermaßen nahezu alle unter ihrem bürgerlichen Namen. Was Mozart für die klassische Musik war, ist Owen Pallett für die Indiemusik im neuen Jahrtausend. Das Vorgängeralbum war von den musikalischen Arrangements her schon beeindruckend, doch „Heartland“ setzt in dieser Beziehung noch einmal gehörig einen drauf. Aufwändiger geht es eigentlich kaum noch. Was der Arcade-Fire-Geiger alleine wieder mit den Streichern anstellt (deswegen das Album auch laut hören!), ist schlichtweg atemberaubend. Aber auch beim restlichen Orchester und dem dieses mal auffallend im Vordergrund stehenden Keyboard/Piano wurde ganze Arbeit geleistet. Es sitzt einfach jeder Ton da, wo er sitzen soll.

Fast wie ein perfekt durchgestylter Soundtrack erscheint „Heartland“ deswegen auch. Ein Soundtrack, dessen zugehörigen Film sich jeder Hörer selbst individuell ausmalen kann. Die Handlung dürfte auf jeden Fall interessant sein.
Der marschartige Auftakt „Midnight Directives“ beginnt furios, bevor dann mit dem großartigen „Keep The Dog Quiet“ ein bedrohliches Szenario aufgebaut wird. Ein Song, bei dem die Streicher überall gleichzeitig zu sein scheinen und schlussendlich in einem tosenden Sturm über Owen Pallets Stimme hereinbrechen. Der zeigt sich aber im beschwingten „Lewis Takes Action“ sichtlich erholt und treibt im Anschluss das rasante „The Great Elsewhere“ bis zum Höhepunkt, nach welchem eine angenehme Ruhe einkehrt.

Der Kontrabass in „Oh Heartland, Up Yours!” sorgt dann erstmal für einen ordentlichen Groove, doch schon wird das Tempo mit hyperaktivem Keyboard und einer Art Reprise in Form von „Lewis Takes Off His Shirt“ wieder angezogen. „Flare Gun“ treibt das Geschehen dann noch einmal auf den absoluten Klimax, um dann nahtlos mit dem berührenden „E Is For Estranged“ ein trauriges Ende zu liefern. Doch halt! Ein Film ohne Happy End? Kann nicht sein, und so gibt es dann mit „Tryst With Mephistopheles“ doch noch ein schillerndes und versöhnliches Finale. „What Do You Think Will Happen Now?“ reicht da nur noch für den Abspann.

Was sich nach Kopfkino deluxe anhört, ist es letztendlich auch. Wer sich darauf einlässt, kann viel entdecken, besonders da das Album trotz aller Melodieverliebtheit dennoch sehr komplex ist. Aber die richtig guten Filme sieht man sich schließlich ja auch mehrfach an.

Benjamin Köhler

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