Rezension
Oberhofer
Time Capsules II
Highlights: Hearts // Away Frm U // I Could Go
Genre: Indie-Pop
Sounds Like: Nurses // Yellow Ostrich // Yeasayer
VÖ: 04.05.2012
Brooklyn ist das neue Seattle, nur in weniger schmuddelig. Brutstätte geistvoller Pop-Musik und Heimat der Hipster, wie man sie heutzutage so liebevoll spöttisch nennt. Wenn es in einschlägigen Musik-Blogs mal wieder Lorbeeren regnet, kommt die gefeierte Band sehr wahrscheinlich aus New Yorks Künstlerbezirk Nr. 1 – oder zumindest aus Brooklyns kanadischer Partnerstadt im Geiste, Montreal. Die Vielzahl der Williamsburg und Umgebung entsprungenen Vorzeigebands (TV on the Radio, The National, Grizzly Bear, Yeasayer, The Antlers – um mal nur eine Handvoll zu nennen) bekommt nun jedenfalls fröhliche Gesellschaft von einem Herren namens Oberhofer, der sich mit seiner gleichnamigen Band und einem vor überschüssiger Energie nur so übersprudelnden Debütalbum in diesen illustren Kreis einzureihen versucht.
"Time Capsules II" erweckt dann auch so ein bisschen den Eindruck eines hyperaktiven Bengels, der sich wie ein Clown aufführt, nur um unbedingt zum nächsten Kindergeburtstag eingeladen zu werden. Denn schon in "Heart", einem waschechten Wirbelwind von Opener, werden quietschfideles Klavier, klirrendes Glockenspiel, preschende Drums, dramatische Streicher und ein Akkordeon wild durcheinander jongliert, bevor schließlich auch noch ein herrlich karnevalesk anmutendes Outro, das ein wenig nach durchs Grammophon gejagter Oldschool-Zirkusmusik klingt, zum nächsten Song überleitet. Ein wenig effekthascherisch sind solche Gesten natürlich, aber so wie man einem fünfjährigen Naseweis seine Aufmerksamkeit suchenden Gebaren verzeiht, drückt man auch angehörs des etwas übertriebenen Übermuts Oberhofers gerne mal ein Ohr zu, weil man sich ein fettes Grinsen ja doch irgendwie nicht verkneifen kann.
Schon gar nicht, wenn die Band insbesondere in "I Could Go" mit ihrer kindlichen Verspieltheit sowie all dem schnalzenden Geklimper und unbedarften Pfeifen an die wundervollen Nurses und deren "Caterpillar Playground" erinnert. Selbst in noch recht geradlinig gestrickten Songs wie "Landline" wird geschrammelt, gepoltert, geklirrt und mit "la-la-la-landlines" um sich geworfen, was das Zeug hält. "Yr Face" beginnt im Vergleich überraschend minimalistisch mit Kirchenorgel und wolfsartigem "I knew I was in love"-Geheule, bis natürlich auch hier das Steuer um- und von einer pfiffigen Drum-Section an sich gerissen wird. Auf Dauer kann sich dieser ganze Klamauk schon mal als etwas anstrengend erweisen, aber in kleinen Dosen konsumiert, ist dieses aufgekratzte Debüt ein wunderbar kurzweiliger Soundtrack für den Frühling.
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