Rezension

Nick Cave And The Bad Seeds

DIG, LAZARUS, DIG!!!


Highlights: Today´s Lesson // Night Of The Lotus Eaters // Albert Goes West // Midnight Man
Genre: Blues // Rock
Sounds Like: Grinderman // Madrugada // The Doors // Tindersticks

VÖ: 29.02.2008

Wenn man fast 25 Jahre im Geschäft ist und 13 Alben herausgebracht hat, welche neuen Wege kann man da als Band noch beschreiten? Diese Frage müssen sich Nick Cave und seine Bad Seeds mit jeder Veröffentlichung aufs Neue stellen und doch haben sie es bisher streng genommen noch immer geschafft ,nicht zu enttäuschen. Selbst das letzte Werk „Abattoir Blues/ The Lyre Of Orpheus“ schaffte es trotz seiner teilweise doch recht überfrachteten Songstrukturen einmal mehr, in seinen Bann zu ziehen. Aber mal ehrlich…wenn einer es schafft, auch noch im Greisenalter die gleiche Faszination auszuüben, dann ja wohl Nick Cave. Der Fürst der morbiden Melancholie, der Herr über düstere Lyrik und leidenschaftliche Gesten.

Nun ist Nick Cave aber erst einmal 50 geworden und war seit der letzten Veröffentlichung mit den Bad Seeds alles andere als untätig. So nahm er sich die Zeit, endlich seiner geheimen Leidenschaft, dem klassischen Rock´n Roll, nachzugehen und haute mit seinem Sideproject Grinderman ordentlich auf den Putz. Doch damit nicht genug. Weiterhin nahm sich Cave den Soundtrack zu dem Western- Epos „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ zur Brust. Seitdem trägt er einen ZZ-Top-Gedächtnisbart und da dieser Mann offenbar nie einfach nur nichts tun kann, folgt nun also mit „DIG, LAZARUS, DIG!!!“ Nachschub für alle Cavejünger.

Die Einflüsse seiner letzten Projekte sind unweigerlich erkennbar. Das Piano rückt etwas in den Hintergrund. Der Fokus liegt mehr auf den Gitarren, auch wenn das nicht gleich heißt, dass „DIG, LAZARUS, DIG!!!“ jetzt so rockig wie Grinderman daherkäme. Es sind vielmehr die kleinen Verspieltheiten an den Saiteninstrumenten, die besonders ins Gewicht fallen. So schafft es „More News From Nowhere“ mit einfachsten Mitteln einfach nur saucool zu klingen und „Moonland“ kommt mit diesem sexy Basslauf um die Ecke, da vergisst man sogar die Nick-Cave-Trademark-Orgel. Auch die vielen, vielen Soundspielereien, wie unzählige Loops oder gar Dissonanzen, kannte man in dieser Fülle und Häufigkeit bisher nicht von Nick Cave & The Bad Seeds. Der vielleicht exemplarischste Vertreter dieser „neuen“ Ausrichtung der Band ist „Midnight Man“. Bestimmt einer der besten Songs, die Cave in letzter Zeit geschrieben hat. Da werden Keyboards durch die Effektmaschine gejagt und es knarzt und fiept an allen Ecken und Enden. Kurz gesagt: die ultimative The-Doors-Huldigung.

Seiner eigenen Vorgabe folgend, das klassische Liebeslied zu vermeiden, gehen auch viele weitere Songs nach vorne. „Albert Goes West“ findet sich beinahe im Fahrwasser eines „Common People“ wieder, während „Lie Down Here (And Be My Girl)“ einfach nur den straighten Rocker gibt. Natürlich darf in diesem Zusammenhang auch nicht der Titeltrack vergessen werden, in dem Cave in seiner typischen Predigermanier fleißig das dreckige Blueszepter schwingt.

Auch wenn man es nicht noch einmal extra betonen muss, ist Nick Cave selbstverständlich auch diesmal lyrisch über jegliche Zweifel erhaben. Es geht im Wesentlichen um die westliche Zivilisation und ihre Abgründe und Perversionen. Das allein sollte genügen, um auch den Literaturfetischisten unter uns den Mund wässrig zu machen. Der Rest dürfte ohnehin schon längst in der eigenen Pfütze stehen.

Benjamin Köhler

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