Rezension

New Order

Music Complete


Highlights: Singularity // Plastic // Unlearn This Hatred
Genre: Synthiepop // New Wave // Dance
Sounds Like: Joy Division // The Cure // Orchestral Manoevres In The Dark // The Human League

VÖ: 25.09.2015

Es ist das erste reguläre Album seit zehn Jahren und gleichzeitig die erste Veröffentlichung ohne den legendären Bassisten Peter Hook. Die Gästeliste ist beeindruckend und so hochwertig wie sonst wohl nur die von Dr. Dre: La Roux, Iggy Pop, Brandon Flowers, Chemical Brothers. Peter Saville, Schöpfer der ikonischsten Joy-Division- und New-Order-Cover, hat sich mal wieder der künstlerischen Gestaltung angenommen. Die Veröffentlichung erscheint auf Mute, dem einflussreichen Label für New Wave und Post-Punk. Die Zeichen sprechen eine deutliche Sprache: Eigentlich sollte „Music Complete“ das ultimative Statement von New Order sein. Oder nicht?

Die Vorabsingle „Restless“ legt dabei erstmal eine falsche Fährte. Ein harmloser Indie-Pop-Song, der ziemlich mutlos vor sich hinplätschert und die Fangemeinde gehörig verwirrte. Nach diesem blutarmen Auftakt wird „Music Complete“ glücklicherweise wesentlich intensiver und verweist vor allem auf das elektronischste Album „Technique“ aus den späten Achtzigern. „Singularity“ ist dunkel und treibend und zieht wohl auch heutzutage noch verschwitzte und kaputte Körper zu später Stunde auf die Tanzpiste. „Tutti Frutti“ ist Italo-Disco mit klassischem „Blue Monday“-Beat und steht exemplarisch für den Großteil der Lieder eines Albums, welches gehörig aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Gerade auf Ersthörer wird die hier gespielte Form von elektronischer Musik befremdlich, sogar altbacken wirken.

„Music Complete“ fängt nie die euphorisierende Aufbruchstimmung von „Get Ready“, dem Comeback-Album von 2001, ein. Während „Get Ready“ wohl das klassischste Rockalbum der Band darstellt und durch seine überbordende Energie eine neue Zielgruppe erschließen konnte, ist „Music Complete“ vor allem eine nostalgisch verklärte Retrospektive, die langjährigen Fans das gibt, was sie von New Order erwarten. Das könnte nun schlimm sein, wäre das seit 35 Jahren von New Order erprobte Grundgerüst nicht dermaßen stabil. Bis auf wenige Ausreißer funktioniert die tausendfach plagiierte Formel immer noch. Sicher, der Auftritt von Iggy Pop auf „Stray Dog“, in dem die Punk-Ikone bedrohlich vor sich hingrummelt, sollte eigentlich einen spannenden Kontrast zum oft geleckten Klang des Albums darstellen, doch das Lied schafft es nicht, eine klare Richtung einzuschlagen. „Academic“ klingt wie eine Selbstparodie und zeigt, dass gerade bei klassischeren Bandsongs Peter Hooks markantes Bassspiel doch fehlt.

Die seltenen Veröffentlichungen von New Order sind längst ein popkulturelles Großereignis geworden, welches sogar in den altehrwürdigen Tagesthemen Einzug findet. Wenn Bernard Sumner schlussendlich auf „Superheated“ zusammen mit Brandon Flowers „Now that it's over“ trällert, wünscht man sich, dass ein Ende dieser Band trotzdem nie eintritt, denn selbst ein etwas uninspiriertes Album von New Order ist besser als gar keins.

Yves Weber

Sehen


Musikvideo zu "Restless"

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!