Rezension

Musée Mécanique

Hold This Ghost


Highlights: Sleeping In Our Clothes // Nothing Glorious // Our Changing Skins
Genre: Indie
Sounds Like: Maximilian Hecker // Mumford & Sons // Get Well Soon

VÖ: 29.01.2010

Off we go // Sleeping in our clothes // Waking up to find // Nowhere to go – Manchmal sind es die leisen Töne, die bewegen. Oft genug wetteifern „die coolen Sounds von morgen“ und Retro-Klänge von heute um die Krone der alternativen Pop-Musik. Wer hat den fettesten Synthesizer, wer den härtesten Bass und wer die lässigsten Texte. Doch ähnlich, wie sich ein weltberühmtes Dorf in Frankreich den Römern widersetzte, gibt es in den unendlichen Weiten des Pop-Kosmos Bands, die gegen den Strom schwimmen und auf althergebrachte Tugenden wie instrumentale Vielfalt und gehaltvolle Lyrics setzen. Musée Mécanique sind so ein Fall. Hinter dem Namen verbirgt sich ein Quintett aus Portland, USA, das weitestgehend ohne elektronische Hilfsmittel musiziert. 

Völlig unvermittelt setzt das Debütalbum „Hold This Ghost“ mit einem Fade-In ein und wirft den Hörer in ein Meer leichter Melancholie. Zerbrechlich und dennoch in sich ruhend geben sich eine Dreiviertelstunde lang Gesang à la Maximilian Hecker, Gitarre und Glockenspiel die Klinke in die Hand. Alle Elemente wirken so fein dosiert, als seien sie mit der Goldwaage abgewogen. Ein buntes Potpourri gängiger und weniger gängiger Instrumente (selbst ein thereminartiger Uralt-Synthesizer gibt sich die Ehre) und großartige Melodien verleihen der Platte trotz des Melancholischen dabei eine bemerkenswerte Vielfalt, eine Art farbigen Anstrich. 

Wer „Hold This Ghost“ einige Male gehört hat, wird zwei Dinge feststellen. Erstens: Es braucht seine Zeit, um sich auf den Sound einzulassen, um in eine Welt abzutauchen, die sich aus dem Vergangenen speist. Zweitens: Je länger das Album andauert, desto stärker wird es. Die abschließenden drei Songs bilden eine Trias, die, wäre sie als EP veröffentlicht worden, wohl kaum zu überbieten gewesen wäre an schlichter Eleganz. „Sleeping In Our Clothes“ klingt ähnlich brillant wie Get Well Soon (immerhin tourt man im Frühjahr zusammen), die Instrumentation ist allerdings etwas puristischer als bei Herrn Gropper. 

Are you still // Running scared // Scrolling fingers through your pretty hair? 
What's it like // To bare a crown // And have your powers be absorbed by your friend? 

Trotz der etwas merkwürdig anmutenden Lyrics ist „Nothing Glorious“ ein ähnliches Meisterwerk. Ein elfenhafter Synthesizer (einer der wenigen) untermalt die bezaubernde Melodie einer Violine und kreiert so in fünf Minuten eine eigene kleine Welt. Das abschließende „Our Changing Skins“ schließlich kombiniert einen dahinfließenden Musikstrom im Hintergrund mit einem leichten Marschbeat und mysteriös sphärischen Klängen. 

„Hold This Ghost“ ist definitiv eines der Alben, das man gehört haben sollte. Obwohl das Jahr noch lang ist, wird es im Dezember zu den zehn besten Platten der Kategorie Indie gehören. Wem die Zeit fehlt, sich auf die nicht ganz so starken Songs der ersten Hälfte einzulassen, der möge bitte als erstes die Tracks acht bis zehn hören. Prädikat: Wunderbar.

Mischa Karth

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