Rezension
Motorpyscho
The Crucible
Highlights: Psychotzar // Lux Aeterna // The Crucible
Genre: Prog-Rock // Psychedelic
Sounds Like: Spidergawd // Black Mountain // Dungen
VÖ: 15.02.2019
An dem Tag, an dem Motorpsycho in Rente gehen, können wir wahrscheinlich Rockmusik endgültig zu Grabe tragen. Mit welchem Eifer die Norweger nach 30 Jahren und mehr als 20 Studioalben immer noch zu Werke gehen, ist schlichtweg einzigartig. Das Trio wird es zwar niemals über den Status einer Nischenband hinausschaffen, aber mit dieser Tatsache haben Motorpsycho schon seit Jahrzehnten ihren Frieden geschlossen. Hauptsache sie können sich bei Stickman Records weiterhin kreativ austoben – ohne jeglichen kommerziellen Druck. Man kann davon ausgehen, dass Bent Sæther und Hans Magnus Ryan allerdings der Bass beziehungsweise die Gitarre aus den altersschwachen Fingern entgleiten, bevor dies nicht mehr möglich ist.
Die treue Anhängerschaft darf sich daher hoffentlich noch lange auf weitere Alben freuen, von denen im Prinzip ja jede aufs Neue eine Wundertüte ist: So sind auf „The Crucible“ ganze drei Songs zu finden, in einer Spielzeit von 40 Minuten wohlgemerkt! Bei der musikalischen Entwicklung der Band aus Trondheim kann man schon ungefähr erahnen, wohin die Reise da geht: ausufernde psychedelische Song-Monolithen. Mehr Jam als richtige Songs. So wie Motorpsycho eben insbesondere live ihre Songs immer wieder neu interpretieren.
Tatsächlich beginnt „The Crucible“ aber erst mal straight mit einem unfassbar groovigen Gitarrenriff, das selbst Tony Iommi und Jimmy Page mit der Zunge schnalzen lässt. Sowieso muss an dieser Stelle mal gesagt werden, dass Hans Magnus Ryan inzwischen nichts weniger als eine Gitarren-Legende ist, was er auch mit diversen Soli noch mal untermauert. „Psychotzar“ heißt der Song, der schließlich am Ende noch mal einen Gang hochschaltet und letzten Endes mit Gong und lautem Dröhnen verklingt. Wer hier nichts fühlt, hat (Psychedelic) Rock nie geliebt. Und das war noch der kürzeste und zugänglichste Song auf „The Crucible“.
Das elfminütige „Lux Aeterna“ fängt dann erst mal sanftmütiger und mit allerhand Bläser- und Streicher-Unterstützung an. Es ist sogar eine Art Chor zu hören, der den „Refrain“ so ein wenig an den Rand des überbordernden Pathos befördert. Aber die Norweger wissen, wo die Grenze erreicht ist und jagen im Mittelteil erst mal in bester Free-Jazz-Manier ein Saxophon durch die Szenerie. Es ist ja immerhin noch Motorpsycho. Am Ende wird der Song dann doch noch elegant auf den Beginn zurückgeführt. Wie man komplexe Songs arrangiert, muss man dieser Band sicherlich nicht mehr beibringen.
Zum Schluss dann schließlich Vorhang auf für den Titelsong. 21 Minuten Motorpsycho in allen möglichen Varianten. Musikalische Parforceritte am Rande des Wahnsinns, mehr Soli als jedem Gitarrenlehrer lieb sind, wunderschöne Melodien, ruhige Passagen um durchzuschnaufen. Drei Jahrzehnte Bandgeschichte im „Schnelldurchlauf“ in einen Song gepackt. Die Fans werden auch „The Crucible“ dankbar in ihr Herz schließen. Und lange warten auf das nächste Album müssen sie auch nicht, denn natürlich sind Motorpsycho schon wieder im Studio, um den Nachfolger aufzunehmen.
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