Rezension
Matthew Herbert
The Shakes
Highlights: Battle // Strong // Peak
Genre: Elektro / House
Sounds Like: Wishmountain // Isolée // DJ Koze
VÖ: 29.05.2015
Seit fast 20 Jahren ist er aus der Welt der elektronischen Musik nicht mehr wegzudenken und es gibt kaum etwas, das er noch nicht versucht, gemacht oder wieder verworfen hat. Die Rede ist von Matthew Herbert, aber Matthew Herbert ist viele. Sein Schaffen teilt sich nicht nur auf sechs verschiedene Künstlernamen auf, sondern er hat auch von Anfang an schon produziert, gefeatured und geremixt was das Zeug hält, sich immer wieder neu erfunden und wurde so zu einem der vielleicht innovativsten, ganz gewiss aber der produktivsten Sound-Tüftler Großbritanniens. Von Björk über REM, John Cale, Róisín Murphy bis hin zu Serge Gainsbourg hat er schon mit den unterschiedlichsten Künstlern zusammengearbeitet und mit seinen eigenen Arbeiten immer wieder Grenzen überschritten. Samples von menschlichen Körperfunktionsgeräuschen, eine Platte vollständig aus Objekten in der Nahrungskette (einschließlich 3500 Menschen, die gleichzeitig in einen Apfel beißen) oder ein Album über den Lebenszyklus eines Schweines von der Geburt bis zum Teller sind nur ein paar Beispiele für das vielfältige und manchmal zugegebenermaßen etwas schräge Schaffen Herberts. Daneben leitete er schon Aufführungen am britischen Nationaltheater und debütierte mit seiner Oper im Royal Opera House.
„The Shakes“ ist in diesem Kaleidoskop der Schaffenskraft schon fast so etwas wie ein „zurück zu den Wurzeln!“ des herbertschen Tuns. Es ist das erste unter dem Namen Herbert veröffentlichte Dance-Album seit dem vor neun Jahren erschienenen, eher zugänglichen „Scale“. Der Künstler selbst bezeichnet es als „electronic music for the soul“, allerdings dringt schon vom ersten Track „Battle“ an die starke politische Prägung Herberts durch. Es sind Samples von Kugeln, Granaten und Protestmärschen zu hören, thematisch reflektiert Herbert hier vor allem seine ganz persönliche Sorge, in einer radikal durchkapitalisierten Welt seine Kinder großziehen zu müssen. Trotz bissiger Lyrics und kantiger Beats ist „The Shakes“ aber auch ein Versuch Herberts, seine Hörer wieder zurück auf die Tanzfläche zu bringen. Zur Not auch mit Klängen des alten Klaviers im Gefängnis von Wormwood Scrubs.
Herbert zeigt mit „The Shakes“ einmal mehr, dass Dance-Musik sehr wohl einen politischen Hintergrund haben und gleichzeitig sehr zugänglich und angenehm sein kann: „Who needs diversion when action is required? However, music can't only and always be a call to arms, it can also tenderize and engulf when comfort is needed. This album then is an attempt to find a middle ground between those two positions.“ In diesem Sinne hätte Herbert sicher auch Emma Goldman auf seiner Seite gehabt, denn: „If I can't dance, I don't want to be part of your revolution!“
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