Rezension

Lower Dens

Escape From Evil


Highlights: Ondine // To Die In L.A. // Non Grata // Société Anonyme
Genre: 80’s // Dreampop // Kraut // Synthie-Pop
Sounds Like: Beach House // Talking Heads // The Album Leaf

VÖ: 27.03.2015

Lower Dens sind angekommen. Nach dem verspielten Debüt „Twin-Hand Movement“ und dem krautig-soliden 2012er-Album „Nootropics“ hat Mastermind Jana Hunter mit „Escape From Evil“ ein Album geschaffen, das alle Stärken der Band auf den Punkt bringt. Das bedeutet, dass die Platte ein kohärentes Gesamtwerk ist, die eine Art ganz eigene retrofutureske Welt schafft. Retro, weil der Sound häufig an Pop der 80er anheimelt oder krautige Elemente enthält, futuresk, weil Hunter diesen Sound mit heutigen Bedeutungen füllt. Auf „Escape From Evil“ geht es nach eigener Aussage darum, was es bedeutet, „ein verdammtes menschliches Wesen zu sein, sich mit dem Terror, der Leidenschaft und der Verwirrung, die damit einhergehen, auseinanderzusetzen“. Jana widersetzt sich dem binären Geschlechtssystem in unserer Gesellschaft, identifiziert sich selbst als gender-fluid.

Auf „Escape From Evil“ führt sie vor diesem Hintergrund charismatisch durch die Platte. Hunter ist eine Sängerin mit klarer, fester Stimme, die sich großen gesanglichen Gesten nicht zu schade ist. Im Wechselspiel mit dem rhythmisch markanten, treibenden Sound verleiht dies der Platte eine gewisse Eindringlichkeit, so etwa wenn sie in „Company“ singt: „I wish I could feel anything at all // but I’m just a pile of want and doubt“. Auch musikalisch ist die Platte stark, „Non Grata“ ist großartig lässig, „Ondine“ voller kleiner, feiner Details, „Escape From Evil“ ein Gesamtwerk ohne Lückenfüller. Vom Sound her erinnern Lower Dens nicht selten an die unerreichten Talking Heads. Die Band wirkt intellektuell, emotional und musikalisch genau auf den Punkt, an dem Jana Hunter sie haben möchte.

Klare Worte, starke Texte, vielmehr Statements, zeichnen „Escape From Evil“ jedoch am meisten aus. Hunter legt alles offen, „Liebe, Tod, Gewagtheiten, Gewalt, Angst, Geschlechtsambiguitäten, Schuldgefühle“. Sie betrachtet Musik als transformierende Kraft, die Veränderungen im Hörer bewirken kann und soll. So sind Lower Dens nun eine Band, die den Hörer sich clever fühlen lässt. Das schaffen die wenigsten Bands. Viele bewegen das Herz, die Beine, erzeugen Gänsehaut. Aber den Hörer intellektuell zu bereichern, ist eine seltenere Kunst. Schon zwei Dinge, die Lower Dens an die Talking Heads erinnern lassen. Auch das schaffen die wenigsten, und es ist alles andere als ein schlechtes Zeichen.

Daniel Waldhuber

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