Rezension

London Grammar

If You Wait


Highlights: Hey Now // Strong // Nightcall // Metal & Dust
Genre: Indie-Pop // Elektronik // Trip-Hop
Sounds Like: Banks // The XX // Zero 7 // MS MR

VÖ: 15.11.2013

„Die Grammatik (Sprachlehre, griechisch [τέχνη] γραμματική, [techn?] grammatik? 'Kunst des Lesens und Schreibens' (...))“

Grammatik? Eine Kunst? Das hätte so mal jemand in der Schulzeit erwähnen und Latein schmackhafter machen sollen. Oder Französisch. Oder Englisch. Egal, irgendwer kann immer irgendwas nicht ausstehen, denn meistens war die Grammatik welcher Sprache auch immer höchstens eine Kunst für sich. Doch zugegebenermaßen: Der Anfang des Wikipedia-Eintrags zum Schlagwort Grammatik klingt irgendwie schön, ja fast schon poetisch. Wäre dann in der Schule anstelle der english grammar nun London Grammar unterrichtet worden, hätte auch der letzte Englischmuffel aufgehört, gelangweilt in der Ecke zu sitzen und zu kippeln.

Als Ende 2012 das britische Trio London Grammar den Song „Hey Now“ im Internet veröffentlichte, steckten viele Neugierige ihre Nasen in den Wind, um mehr von dieser mystischen und eindringlichen Musik aufzuspüren, die mit ihren minimalistischen Beats und den kraftvollen und gleichzeitig zarten Vocals an eine Mischung aus The XX und Florence And The Machine erinnerte. Allerdings beließen es Hannah Reid, Dot Major und Dan Rothman vorerst bei dem einen, packenden Titel – bis im Februar die EP „Metal & Dust“ erschien und bestätigte, dass mit London Grammar nicht wieder eine beliebige One-Hit-Wonder-Indie-Band so schnell verschwand, wie sie auftauchte. Ganz im Gegenteil, denn nun erscheint hierzulande das Debütalbum „If You Wait“, auf das man länger nicht hätte warten können.

Wie in „Hey Now“, übrigens erster Song des Albums, treibt Reids Stimme auch in den folgenden Tracks schwerelos und gewichtig zugleich auf den rhythmischen Schlägen der Songs. Mal in den Höhen, mal in den Tiefen, dringt der triumphal klingende Gesang in „Strong“ durch Rothmans feines Gitarrenspiel, Majors ruhige Schlagzeugbeats und das Keyboard im Refrain. Auch während man sich weiter durch das Album hört, wird man immer wieder von neuem überrascht. Nach einem ruhigen beginnt ein rasantes Lied wie „Flickers“, der Takt zieht an und lässt im nächsten Moment schon wieder locker.

Das Debüt „If You Wait“ kommt mit großer Theatralik daher, was vielleicht die Parallelen zu Florence Welch erklären würde. Besonders der Namensgeber und der letzte Song des Albums ist mit Streichern und träumerischem Keyboardspiel hinter Hannah Reids dramatischem Gesang beinahe etwas zu viel des Guten und haut die Gefühlskurve ein gutes Stück höher. Allerdings ist zum einen Reids Stimme mehr als geeignet für diese Art von ehrlicher Dramatik und zum anderen gleicht der Einfluss von Minimalbeats und Trip-Hop-Elementen in Songs wie eben „Hey Now“ und „Metal & Dust“ alles aus, was auszugleichen wäre.

Man könnte schon sagen, London Grammar sei die Kunst, die in puncto Grammatik ruhig hätte unterrichtet werden können – und denkt man mal an die stocksteife, schlecht gekleidete Englischlehrerin und zähe Grammatikeinheiten in schlecht belüfteten Klassenräumen zurück, so bekäme eine große Portion sehr guter, mitreißender Musik jedem kippelnden Schüler doch recht gut, bevor er sich den Kopf an der Heizung stößt.

Doreen Stoecke

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