Rezension

Like A Stuntman

Original Bedouin Culture


Highlights: Fake Beards / Our Hands Sweat // Owls // On Repetition We Are
Genre: Indie-Kraut-Electro-Folk-Pop
Sounds Like: Animal Collective // The Notwist // Woog Riots // Stella // Die Goldenen Zitronen // The Owl Service

VÖ: 07.08.2009

Wenn das neue Album einer Band klingt wie einer der großen – verdienten – Hypes des gleichen Jahres, besitzt diese Band entweder einen guten Riecher, einen guten Geschmack oder kopiert dreist. Oder sie setzt sich potentiell und etwas unglücklich letzterem Vorwurf aus…

Like A Stuntman lagern Schichten über Schichten, legen subtile Beats unter ihre Klangskulpturen, verrauschen wohlklingende Melodien und lassen diese immer glänzen („Wake Up William Blake“, „On Repetition We Are“). Immer wieder gesellen sie diesen Arrangements zudem einen mehrstimmigen Falsett-Gesang hinzu. Neben diesen Elementen – die eben stark an Animal Collective erinnern – finden sich auf „Original Bedouin Culture“ ebenso viele Bestandteile, die in einer als leicht verschroben zu bezeichnenden deutschen oder gar Hamburger Tradition stehen. Wo die Kreativität und der dabei ausgewogene Charakter der Arrangements genauso erstaunen lässt, wie es bei den Kollegen von The Notwist geschieht, drückt eine implizite Punkattitüde in Verbindung mit sperrig, schrägem Pop die Nähe der Band zu Künstlern wie Die Goldenen Zitronen, Stella oder Woog Riots aus („MC Sensation“).

Nicht nur die Miniaturen des Albums weisen die inspirierende Wirkung des Krautrock und seiner Wiedergänger auf die Band aus. So gelingt „Drive To Cologne“ als hypnotische Fahrt über deutsche Autobahnen, die sich klar der rhythmischen Motorik bedient, der nahezu industriellen Monotie des Rhythmus. Zusammen mit der reduziert, ambienten, ja fast mystischen Kantate „Owls“ und dem ebenso experimentellen Wohllaut in „In A Canoe“ kann sich der Hörer gen Ende des Albums ganz fallen lassen in anmutigem Zusammenklang. Der steht im Gegensatz zu dem kakophonischen Vorhang, hinter dem das Zerbrechliche in „Damascus“ verschwindet, oder der beatgesteuerten, getriebenen Klangvielfalt „Off-Flavour“, die den Hörer von einer Stimmung in zwei andere wirft. Auch „No Tundra, No Sun“ zeigt sich als stampfendes, treibendes Ungetüm, als vielschichtiger Pop und überzeugt als ebenso verstörend wie bezaubernd.

Like A Stuntman produzieren komplexe Klangwerke, die stolpernde Imperfektion mit eingängigen Melodien paaren. Mal erscheinen diese reduziert und still, häufig braust es auf, steigert sich in hochtürmenden Größenwahn und gelingt. Wenn die Freunde des Hauses ihnen dann unisono attestieren, die Band verbünde die 00er Jahre mit den 90ern mit den 70ern mit den 60ern, sie brächte 00er Folk mit 90er Indie und 90er Electro mit 70er Kraut und psychedelischem 60er-Pop zusammen, dann ist das einerseits freundlich und erneut die Umschreibung eines, „sie klingen wie deutsche Animal Collective,“ andererseits aber handelt es sich einfach um eine Wahrheit. Viel entscheidender ist aber, wie geschickt, gelungen und gefallend, wie komplex, jedoch zugänglich, die Band diese zeitliche Einfluss-Kaskade in die Schönheit verwandelt, die „Original Bedouin Culture“ heißt.

Oliver Bothe

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