Rezension

Krawehl

Krawehl


Highlights: Altlastenasyl // Salz & Ekel // Bielefeld Sehen...Und Scherben
Genre: Emo-Punk
Sounds Like: Jupiter Jones // Muff Potter // The Gaslight Anthem

VÖ: 05.05.2017

Die Relevanz von Genauigkeit ist manchmal nicht zu überschätzen. Im allgemein bekannten "Wir essen, Opa!" macht das kleine Komma den Unterschied zwischen liebevoller Fürsorge und Kannibalismus. Ein vergessenes "nicht" dreht eine Bedeutung um 180 Grad. Und aus dem eigentlich recht beleidigenden "Krawehl klingen wie Jupiter Jones" wird sogleich ein Kompliment, wenn man daraus "...wie die alten Jupiter Jones" macht.

Denn auch wenn Deutschpunk momentan nicht in seiner schlechtesten Phase steckt, fehlten ihm doch allerspätestens seit der Auflösung von Muff Potter die Bands, deren Kern-Emotionen nicht gerade Frust oder Wut sind — und so drücken Krawehl nicht deinen Feinden den Mittelfinger ins Gesicht, sondern legen dir beruhigend einen Arm um die Schultern. Manchmal ist genau das schließlich auch viel nötiger.

Und nicht nur die Wirkung, auch das Wie von Krawehl erinnert an Jupiter Jones und deren amerikanische Pendants wie Hot Water Music oder Gaslight Anthem: Kratzbürstiger Gesang, der wirkliche Gefühle viel besser zu vermitteln mag, als es samtstimmige Casting-Rotkehlchen je könnten und der verdeckt, dass die Songs, die er begleitet, ohne ihn wahrscheinlich lupenreiner Pop wären.

Wie ausgereift das Ganze bereits auf dem Debüt klingt, lässt sich wahrscheinlich damit erklären, dass die Ostwestfalen immerhin auch schon seit fast acht Jahren zusammen spielen. Da kann man Krawehl jetzt langsam auch mal ähnlichen Erfolg wünschen, wie ihn ihre musikalischen Gesinnungsgenossen mit "Still" erfuhren. Aber nur den Erfolg – nicht den qualitativen Sturzflug, der ihm folgte. Genauigkeit und so.

Jan Martens

Sehen


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