Rezension

Kingsize

Love, Lust And Other Desasters


Highlights: Boy // Daze
Genre: Indie-Rock
Sounds Like: Razorlight // The Libertines

VÖ: 25.07.2008

Kingsize klingen, wie eine Londoner Band erfahrungsgemäß klingen muss. Sie klingen nach dem Camden Market, nach verrauchten Pubs, nach spitzen Schuhen, nach gestylten Haaren, nach Bohnen zum Frühstück und Gin in teacups. Kurzum: Nach den Libertines und Konsorten. Nur, dass der Sänger hier nicht Pete oder Johny oder Alex heißt, sondern Mike. Aber immerhin McCartney mit Nachnamen. Dessen Talent zum Songschreiben ist auf dem Debütalbum „Love, Lust And Other Disasters“ deutlich hörbar, obwohl der Beatles-Vergleich hier noch weniger angebracht ist als bei Mando Diao, obwohl die Zielgruppe eine ähnliche sein dürfte.

Als „Hype-Band ohne Hype“ bezeichnete ein geschätzter Kollege Kingsize vor einiger Zeit. Der Kern der Sache ist damit definitiv getroffen. Die Band erfüllt alle musikalischen und optischen Voraussetzungen (sogar der Promotext erwähnt die Frisur von Frontmann Mike lobend) und sollte die feuchten Träume all jener, die der StudiVz-Gruppe „Ich opfere meine Seele für eine Libertines Reunion“ beigetreten sind, erfüllen. Wo also liegt das Problem, wieso haben es Kingsize noch nicht auf die Titelseite des NME oder gleich des Musikexpress geschafft? Die treibenden Beats sind vorhanden („Boy“), die Ohrwurm-Melodien („Daze“) und die sanftere Seite („Don't Fall Back“) auch, das ganze wird unterlegt von libertinesken Gitarren. Vielleicht liegt hier der Knackpunkt: Kingsize hören sich an wie eine Band aus vergangenen Zeiten, und hiermit sind weder die 60er noch die 70er, sondern die frühen 2000er gemeint, als das Genre Rock'n'Roll gerade von bekannten Bands die überfällige Frischzellenkur verpasst bekam. Blöderweise sind die Neulinge Kingsize, die am Ende dieses Jahrzehnts die Musikbühne betreten, zwar überaus talentiert, aber eben nicht mehr ganz so taufrisch.

Die elf Songs auf „Love, Lust and Other Disasters“ klingen wild, ohne wirklich wild zu sein, der ganze Schmutz ein wenig wie aufgemalt. Vielleicht der Grund, warum Kingsize nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die mit diesem überaus brauchbaren Album verdienen. Vielleicht muss aber auch einfach mal wieder jemand den Rock'n'Roll neu erfinden. Freiwillige vor.

Lisa Krichel

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