Rezension
Kellermensch
Kellermensch
Highlights: Army Ants // Dead End // Rattle The Bones // 30 Silver Coins
Genre: Art-Metal
Sounds Like: Arcade Fire // Aereogramme // Neurosis
VÖ: 24.06.2011
Wer konkurrierende amerikanische Cartoons schaut, weiß, wie die Gags von „Family Guy“ angeblich entstehen: Bälle mit zufälligen Themen werden von Seehunden in ein Fass gestubst – voilá, fertig ist der „Gary Coleman in Mexiko“-Einspieler. Wenn man nun das selbstbetitelte Debüt von Kellermensch hört, kann man sich beinahe vorstellen, dass so etwas auch mit Musikgenres passiert sein muss: Man picke zum einen Metal der progressiveren Sorte heraus, zum anderen kunstvollen, streicherverzierten Indierock – und das Ganze funktioniert auch noch.
Wer alleine schon das (knapp dreiminütige) Intro hört, weiß eigentlich schon eine Menge darüber, was bei Kellermensch alles passieren kann – klassisches Rockriff leitet die Chose ein, Frontmann Sebastian Wolff brüllt sich kurz darauf die Seele aus dem Leib, nur um sein Organ von den lieblichsten Streichern, die je außerhalb Islands und Kanadas auf ein Album gebannt wurden, ablösen zu lassen – und als Schönheit und Bosheit wieder die Plätze tauschen, sind gerade einmal zwei Minuten um.
Wer hier von dieser Kombination bereits irritiert ist, könnte entweder das Weite suchen oder sich auf die nicht minder guten Songs konzentrieren, die sich einem der Pole widmen: „The Day You Walked“ beispielsweise bummert so bedrohlich vor sich hin, dass selbst die es untermalenden Geigen wie ein Hexenorchester wirken, während „Black Dress“ dem Metal noch eine ordentliche Portion Groove hinten rein schiebt. Und als wäre das noch nicht spannend und abwechslungsreich genug, werden zu Beginn und gen Ende des Albums noch zwei fantastische potentielle Singles versteckt: Bei „Army Ants“ muss der Teufel persönlich drei Minuten Marschmusik geschrieben haben, während „30 Silver Coins“ vielleicht das schönste aus Dänemark kommende Lied aller Zeiten wäre, wenn Sebastian Wolff nicht irgendwie wie ein Troll klingen würde.
Man könnte sich noch über jedes andere der Lieder hier so oder ähnlich auslassen – im Endeffekt sollte aber bereits klar geworden sein, wie hier Einflüsse, die sich eigentlich ausschließen sollten, zu einem verdammt heterogenen Gesamtpaket zusammenwachsen. Man könnte auch einfach sagen: Mit ihrem Debütalbum machen Kellermensch Dinge, die es in dieser Form noch nicht wirklich gab. Ein viel exklusiveres Lob gibt es 2011 kaum noch. Danke, liebe Seehunde!
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